NachGedacht: Die nagende Klimakrise oder wie wir uns selbst zerstören
Wieder hat die Natur gezeigt, wie mächtig sie ist, wenn das Thermometer an seine Grenzen schnellt. Und immer kann eine Katastrophenschleife noch schlimmer gedreht werden. Müssen wir die wertvollen Dinge erst buchstabieren, um das Kostbare richtig zu erfassen?
Es ist heiß in Deutschland, gerade in den letzten Tagen war das so. Der Alltag war mühsam, jede Bewegung eine Anstrengung. Die Straßen dampften, Büros waren überhitzt, der Kopf war träge. Klar, es ist Sommer, eine Jahreszeit, in der man auch Ferien hat, ins kühle Wasser springen könnte und Gedanken an die klirrende Winterkälte tief verdrängt sind. Die Bilder aber, nicht nur die aus Deutschland, waren und sind drastisch. Europa kocht. Österreich, die Schweiz, auch die Deutsche Bahn, streichen Gleise weiß, um die Hitze abzuhalten. In Frankreich und Spanien stehen Wälder in Flammen, der Gardasee verliert Wasser, in London wurden Flüge gestrichen, weil Landebahnen aufweichen, und die grüne Wiese vor der heimischen Haustüre ist gelb verdorrt.
Der Klimawandel ist übergroß sichtbar
Das Drama ist unausweichlich und übergroß sichtbar: Die Erde kämpft mit harten Herausforderungen des Klimawandels. Keine Neuigkeit. Seit Jahren ringen Konferenzen um Klimaziele. Es wird verschoben, vertagt, vertröstet. Auf niedriger Ebene werden "Kommunale Hitzepläne" verstärkt entwickelt, mit interessanten Ideen: Grüne Klimaoasen in Städten mit Dach- und Fassadenbegrünung, öffentliche Kühlräume oder Häuser, die, richtig angeordnet, Schatten spenden. Hätte man sich das nicht schon längst vom gut bekannten Ferienland Spanien abgucken können? Hätte, wäre, hätte - das ist viel Konjunktiv.
Doch der Krieg in der Ukraine hat klar gemacht, wie nah alles kommen kann. Benzinpreise klettern in die Höhe und Putin geizt mit Gas. Der Winter, in diesen heißen Tagen weit entfernt, wird irgendwann seine Bedürfnisse anmelden. Dass Laufzeiten von eigentlich schon verabschiedeten Atomkraftwerken verlängert oder verbliebene Meiler wieder aktiviert werden sollen, allein, dass solche Ideen in die Runde geworfen werden und man sich jetzt atomkraftfreundlich gibt, zeigt, wie verzweifelt und ernst die Lage ist. Ein Belastungs- und Stresstest zumal für grüne Politiker, für eine Ampel-Regierung mit grünem Wirtschaftsminister.
"Nuklearer Winter": Wenn Atombomben auf der Erde explodieren
Sicher: Man kann die Schrecken immer auch noch Runden schlimmer denken. US-amerikanische Forscherinnen und Forscher tun das, malen sich bereits aus, was passiert, wenn auf dem ohnehin fragilen Planeten Erde Atombomben explodieren. Wenn Staub, Rauch, Ruß viele Kilometer in die Atmosphäre geschleudert werden und die Erde mit einem dicken Schleier überziehen. Sonnenlicht würde abgeschirmt, Pflanzen kämen nicht mehr zur Photosynthese. Fatal für Getreide, Obst, Gemüse, Vieh - für die Ernährung. Meere geraten aus dem Gleichgewicht. Eine Dystopie, die von Experten als "nuklearer Winter" beschrieben wird.
Was bei einem solchen Szenario womöglich für immer vernichtet wäre, das zeigt ein Buch, das ich gerade gerne in die Hand nehme: "Die verlorenen Zaubersprüche" von Robert Macfarlane. Der britische Autor feiert die wertvollen Schätze der Natur, beschwört das Seltene, das Zauberhafte. Auf dem Cover: ein Wunderwesen der Natur, eine fliegende Schleiereule. Davon kennt Macfarlane einige: Sonnenröschen-Grünwidderchen oder Zickzackspinner. All' diese seltenen Wesen gibt es - NOCH, aber wer weiß, wie lange? Macfarlane ist natürlich klug, appelliert schlau an seine Leserinnen und Leser, die am eigenen Körper spüren sollen, wie wundersam besonders die seltenen Wesen sind. "Um einen Zauber zu wirken, muss man ihn laut sprechen oder singen." Laut lesend soll man der Robbe durchs Meer folgen, den Eulenohren horchen und mit Eichenaugen sehen. "Spell!", sagt Macfarlane. Eine richtig gute Empfehlung!