Islamismus: eine Frage der Definition
Wann ist jemand Islamist?
Zu den Islamisten zählt der Verfassungsschutz nicht nur die Mitglieder und Anhänger kleiner radikaler Gruppen, sondern auch den Verein "Milli Görüs", mit mehr als 30.000 Mitgliedern die zweitgrößte muslimische Religionsgemeinschaft in Deutschland. Islamwissenschaftler wie Ali Özdil halten diese Einschätzung für willkürlich. Er kennt viele Moscheen der Milli Görüs, kurz IGMG genannt: "Fragen sie mal die Leute, die hier in die Moschee kommen. Diese alten Leute, die hierher kommen, Tee trinken, bisschen Fernsehen gucken, dann das Gebet verrichten. Die interessiert Gesundheit, Arbeitslosigkeit, sie interessiert, wie es um die Zukunft der Kinder bestellt ist. Die meisten der 30.000 IGMG-Mitglieder interessieren sich nicht für Politik, so dass die Themen eigentlich von außen hereingetragene Themen sind, die für die meisten nur Nebensächlichkeiten sind."
Ali Özdil selbst ist nicht Mitglied von Milli Görüs, arbeitet aber mit ihr zusammen. Das hat ihm den Vorwurf eingebracht, selbst ein Islamist zu sein. In Schulungen für Bundeswehr-Offiziere sagt er zuweilen, sie würden gerade von einem Islamisten unterrichtet, was die Soldaten mit einem Schmunzeln quittieren. Andere nehmen das nicht so locker: "Ich bin einem Lehrer in Berlin begegnet, dem die deutsche Staatsbürgerschaft wieder entzogen wurde, weil man gesagt hat, Sie haben bei den Angaben nicht angegeben, bei der IGMG tätig gewesen zu sein."
Vorurteile gegenüber Muslimen
Alle Umfragen bestätigen, dass Muslime in Deutschland ein Imageproblem haben. 40.000 von ihnen zu Islamisten zu erklären, sei ein Teil dieses Problems, erklären Organisationen wie der "Interkulturelle Rat", eine Initiative von Gewerkschaftern und kirchlichen Gruppen. Sie plädieren dafür, nur diejenigen als Islamisten zu bezeichnen, von denen wirklich eine Bedrohung ausgeht. Da wäre man dann eher bei 2.500 Muslimen als bei 40.000.
- Teil 1: Religion oder Ideologie?
- Teil 2: Wann ist jemand ein Islamist?