Johanna Schuler (von links), Junis Eslabagh, Sami Eslabagh und Kariem Eslabagh beim Plätzchenbacken © NDR Foto: Susanne Schäfer
Johanna Schuler (von links), Junis Eslabagh, Sami Eslabagh und Kariem Eslabagh beim Plätzchenbacken © NDR Foto: Susanne Schäfer
Johanna Schuler (von links), Junis Eslabagh, Sami Eslabagh und Kariem Eslabagh beim Plätzchenbacken © NDR Foto: Susanne Schäfer
AUDIO: Weihnachten in einer christlich-muslimischen Familie (5 Min)

Weihnachten in einer christlich-muslimischen Familie

Stand: 23.12.2022 06:00 Uhr

Das Weihnachtsfest ist eines der wichtigsten Feste für Christen. Wie gehen Familien damit um, in denen das Christentum und der Islam vertreten sind? Eine Familie aus Osnabrück gibt Einblicke in ihre Weihnachtstraditionen.

von Susanne Schäfer

"Am Weihnachtsbaume die Lichter brennen, wie glänzt er festlich, lieb und mild." Junis Elsabagh übt am Klavier Weihnachtslieder. Dabei gehört der Neunjährige genau wie sein zwei Jahre jüngerer Bruder Kariem und Papa Sami Eslabagh dem Islam an. Aber Mama Johanna Schuler ist katholisch. Deshalb feiert die Familie Weihnachten.

"Ich finde einen Tannenbaum schön. Wir haben auch einen Adventskranz. Ich finde diese Tradition schön, dass immer eine weitere Kerze angezündet wird. Ich mag auch das Gebäck und diese Traditionen, sonst würde ich mir diesen ganzen Stress nicht antun", erklärt Johanna Schuler, der die christlichen Weihnachtstraditionen wichtig sind.

Weihnachtsfest mit Gottesdienst und Tannenbaum

Alle in der Familie sind dankbar, dass Johanna sich kümmert und freuen sich auf Weihnachten: "Ich freue mich, weil es ein familiäres Fest ist, man kommt zusammen. Es ist etwas Besonderes für die Kinder, die freuen sich sehr. Es ist einfach ein Fest, das verbindet", sagt Sami Elsabagh. Zu Weihnachten fährt die Familie nach Süddeutschland, feiert gemeinsam bei Oma und Opa. "Am 24. gehen wir um 17 Uhr in den Kindergottesdienst. Anschließend wird gemeinsam gegessen und danach setzen wir uns ins Wohnzimmer, wo dann der Baum ist", berichtet Johanna Schuler. Und eine Krippe steht da auch.

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Abendlicher Blick auf den beleuchteten Weihnachtsmarkt in Lübeck. © picture-alliance/HB-Verlag Foto: Katja Kreder

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Weihnachten Anlass für interreligiösen Dialog

Weihnachten ist ein dankbarer Anlass für interreligiösen Dialog, sagt Michael Schober. Er ist genau für diesen Dialog im Bistum Osnabrück zuständig: "Es ist auf jeden Fall eine Gemeinsamkeit, dass um Weihnachten herum etwas Großes passiert. Das wird symbolisiert in der theologischen Sprache in der Jungfrauengeburt Marias, die der Islam mitgeht, weil er sagt, Gott ist nichts unmöglich. Auch in der Verehrung Marias. Es ist so, dass die einzige Sure, die im Koran nach einer Frau benannt ist, nach Maria benannt ist."

Jesus ist im Islam nicht Gottes Sohn, sondern ein Prophet

Der Koran sieht Jesus aber nicht als Gottes Sohn, sondern als Propheten. Statt neben Ochs und Esel im Stall bringt Maria ihn unter einer Palme zur Welt und bekommt Datteln gereicht. "Das interessante ist, dass gerade diese Stellen im Koran, wo es um die Geburt Jesu geht, auch eine erste Tradition haben im interreligiösen Dialog. Es war so, dass die ersten Muslime fliehen mussten und zu einem äthiopischen König, einem christlichen König gegangen sind und  dort die Koranstellen zitiert haben und  dann freundlich empfangen wurden", so Schober.

Muslim*innen zeigen sich um Weihnachten solidarisch

Weihnachtswünsche unter Christen und Muslime, sich auch mal etwas schenken - interreligiösen Dialog kann man zu Weihnachten ganz praktisch im Alltag spüren, sagt Michael Schober: "Was ich ganz stark finde ist, dass viele Musliminnen und Muslime sehr solidarisch sind rund um Weihnachten. Sie übernehmen viele Dienste in Pflegeheimen und Krankenhäusern, damit Christinnen und Christen ihr Weihnachtsfest feiern können."

Johanna Schuler (von links), Junis Eslabagh, Sami Eslabagh und Kariem Eslabagh beim Plätzchenbacken © NDR Foto: Susanne Schäfer
Johanna Schule, Sami Eslabagh und ihre beiden Söhne erfreuen sich an weihnachtlichen Traditionen - trotz unterschiedlicher Religionen.

Für die Katholikin Johanna Schuler gehört auch der Duft von selbstgebackenen Plätzchen zum Weihnachtsfest dazu: "Letztes oder vorletztes Weihnachten wir hatten Dosen voll Kekse", erinnert sich Junis. Heute hat Johanna für ihre beiden Söhne einen Mürbeteig zum Ausstechen vorbereitet: "Es gibt sogar einen Ausstecher mit einem Weihnachtsmann drauf."

Geschenke als Zeichen der Anerkennung

Weihnachtsmann, Christkind - in vielen Familien ist klar geregelt, wer die Geschenke bringt. Bei Junis, Kariem, Johanna und Sami kommt keiner der beiden. Das hat in diesem Fall aber gar nichts mit dem Islam zu tun, sondern mit den Großeltern: "Da wird die Bibelgeschichte vorgelesen und nichts dazu gedichtet. Da kommt niemand, kein Weihnachtsmann. Ich kann mich auch ans Christkind nicht erinnern", sagt Johanna Schuler.

Deshalb hat Johanna das für ihre Kinder so übernommen: "Ich wollte immer, dass sie den Leuten, von denen sie die Geschenke bekommen, Danke sagen. Das ist ein Austausch von Freundlichkeiten und von Zuneigung. Es ist mir wichtig, dass sie dann zu der Person hingehen und sich bedanken." Und: Dankbarkeit ist eine Tugend, die in beiden Religionen wichtig ist.

Aufeinander zugehen und miteinander feiern

Jesu Geburt - ob im Stall oder unter eine Palme: Es gibt viele Unterschiede. Aber trotzdem klappt gemeinsam Weihnachten feiern unter Christen und Muslimen in dieser Familie ziemlich gut: "Das gehört zum Glauben, mit den anderen zu feiern. Wir sind eine Familie. Die Familie besteht aus einer katholischen Ehefrau und einem muslimischen Ehemann. Wir wollen aufeinander zugehen und nicht das Trennende suchen."

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 23.12.2022 | 15:20 Uhr

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