Shabe Yalda - Iraner feiern Geburt des Lichts
Im iranischen Kalender hat die längste Nacht des Jahres eine besondere Bedeutung. Shabe Yalda wird auch in Norddeutschland gefeiert.
Parvin Hemmecke-Otte sitzt zu Hause an ihrem festlich gedeckten Tisch: In der Mitte bunte Blumen, daneben kleine Schälchen mit Nüssen. An einer Wand steht ein großer Tisch mit Obst: Wasser- und Honigmelone, rote Trauben und Granatäpfel. Sie alle haben verschiedene Bedeutungen, erzählt Parvin Hemmecke-Otte von der Deutsch-Persischen Gesellschaft: "Früher, in der alten iranischen Religion, hat man in den Dörfern Granatäpfel ins Wasser gelassen, wenn ein Kind geboren wurde, und die anderen Leute im Dorf wussten, dass das Kind da ist."
Viel Obst und Gedichte von Hafez
Die rote Farbe dieser Früchte symbolisiert die Morgenröte und das Glühen des Lebens. Die Wassermelone steht für Gesundheit - wer viel davon verzehrt, bleibt den Winter über gesund. Diese Obstsorten reifen im Iran zwischen Mai und August. Für die Yalda-Nacht werden sie extra unter der Erde oder im Keller gelagert, damit sie frisch bleiben, erinnert sich Erika Faghighi, die einige Jahre im Iran gelebt hat: "Wir haben dann die Familie besucht. Man geht dann meistens zu dem Ältesten der Familie. Das ist ja die längste Nacht und man hat früher gedacht, dass in der Dunkelheit der Teufel, der Dämon oder irgendwas Böses kommen kann. Deswegen wollte man an diesem Abend nicht alleine sein und darum diese Tradition, dass man sich an dem Abend trifft."
Während sich Freunde und Familien in den Häusern der Ältesten zum Essen und Trinken versammeln, werden Gedichte von Hafez gelesen. Durch Goethes Westöstlichen Divan wurde der persische Lyriker auch in Deutschland bekannt.
Gedanken bei der Familie und den Verstorbenen
Die Zeit vor Shabe Yalda ist die Zeit des Wartens und ein bisschen der Einsamkeit, erzählt Faghighi. Die Gedanken seien vor allem bei der Familie und den Verstorbenen: "Man denkt an liebe Familienmitglieder, die nicht mehr bei einem sind. Das ist eine sehr schöne Parallele zu unserem November - da ist auch Allerheiligen und Totensonntag, wo man zum Friedhof geht und an seine Verstorbenen denkt. Und überhaupt finde ich es schön, dass man auch bei fremden Kulturen auf die Gemeinsamkeit schaut und nicht immer nur auf das Trennende, das finde ich sehr wichtig."
Früher, als es noch keine Heizung gab, saß die Familie rund um einen sogenannten Korssi - ein niedriger, viereckiger Tisch. Darunter stand eine Schale mit heißen Kohlen. Daran wärmten sich alle die Füße, beziehungsweise den ganzen Körper. Doch heutzutage sitzen alle um den gedeckten Tisch mit Obst. Das älteste Familienmitglied deutet anhand von Hafez-Versen Schicksale: "Mein Vater hat immer am Yalda-Abend Hafez gelesen und wir konnten uns etwas wünschen. Dann hat er aus dem Orakel gelesen, was die Zukunft bringt - das war für uns eine Freude." Besonders für die Kinder sei es wichtig, diese alte Tradition zu pflegen, damit sie nicht in Vergessenheit gerate, sagt Hemmecke-Otte.
"Schöner als Weihnachten"
Auch Klaus Rhoda freut sich jedes Jahr auf die längste Nacht. Er ist mit einer Iranerin verheiratet. Mittlerweile lebt er zwischen beiden Kulturen. Zusammen mit seiner Frau Sarah feiert er jedes Jahr Shabe Yalda. Vor Corona noch in großer Runde in einem Braunschweiger Lokal: "Ich finde es eigentlich schöner als Weihnachten, weil es die Wintersonnenwende darstellt und es ein Fest ist, das schon über 3.000 Jahre alt ist. Es ist im alten Persien gefeiert worden und das war ein Reich, das von den Grenzen Chinas bis nach Ägypten reichte. Und obwohl es verschiedene Völker in diesem Reich gab, haben sie alle diese längste Nacht gefeiert."
Klaus Rhoda und seine Frau Sara wünschen sich, dass sie im nächsten Jahr wieder ganz unbeschwert "Shabe Yalda" feiern können.