"Projekt Akzeptanz": Verständnis für andere Religionen
Das "Projekt Akzeptanz" des Evanglisch-Lutherischen Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein möchte zu einem friedlichen Miteinander beitragen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter geben Workshops an Schulen - gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Diskriminierung.
Ein Vormittag im September im Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt. Nach der Pause finden sich die Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse ein zum ersten Workshop. Elisa und Giolina freuen sich: "Ich hoffe, dass ich die Religion von denen viel besser kennenlerne, weil ich sehr wenig darüber weiß", sagt die Schülerin Elisa. Auch ihre Klassenkameradin Giolina erwartet eine inhaltliche Vertiefung der bisherigen Unterrichtsinhalte: "Man hat ein bisschen Vorwissen und wir haben einiges im Reli-Unterricht besprochen. Ich hoffe, ich kann viel Neues lernen. "
Christentum - Islam - Judentum: Was ist charakteristisch für jede einzelne Religion, welche Gemeinsamkeiten bestehen? In kleinen Gruppen besprechen sich die Schülerinnen und Schüler. Auf dem Boden ist ein langer Teppich ausgelegt. Hier können sie die vorher verteilten Karten ablegen. Da stehen Sätze wie: "Unsere Religion ist die älteste der abrahamitischen Religionen." "Unser Glaube ist auf fünf Säulen aufgebaut." "Wir tragen eine Kopfbedeckung." "Wir haben einen wöchentlichen Ruhetag." "Wir verehren nur einen Gott."
Eine der Ehrenamtlichen aus dem "Projekt Akzeptanz" ist Anna Oestreich. Sie moderiert den Workshop und möchte erreichen, dass möglichst alle viel mitnehmen für ihren Alltag: "Für mich ist es immer spannend zu sehen, wie die Schüler am Ende der zwei Tage mit großen Augen da rausgehen und ob ihrer eigenen Unterschiedlichkeit begriffen haben, wie wichtig es ist, dass wir genau hingucken: Was macht es mit den Betroffenen, wenn sie antisemitische Erfahrungen machen oder Islamfeindlichkeit erleben."
Dialog mit jüdisch-muslimischem Tandem
Sehr schnell wird deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler der zehnte Klasse am Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt nicht unvorbereitet in diesen Vormittag gehen. Sie reagieren sensibel und reflektiert und zeigen sich differenziert in der Begegnung mit den beiden Religionsvertretern - dem "Tandem" des "Projekts Akzeptanz". Heute sind das André Cohn und Oguzhan Mutu, beide 24 Jahre alt, Freunde seit der gemeinsamen Schulzeit in Hamburg-Niendorf. André Cohn ist jüdisch aufgewachsen, Oguzhan Mutu muslimisch.
"Ich bin islamisch aufgewachsen. Dieses Projekt kann eine gute Gelegenheit sein, anderen Jugendlichen Hilfe zu geben, Ratschläge zu erteilen, ein Leitfaden für die Jugendlichen sein zu können. Das liegt mir am Herzen", erklärt Oguzhan Mutu.
Anhand realer Erlebnisse und Alltags-Szenen diskutieren die Jugendlichen, wie bewusst oder unbewusst Menschen handeln, welchen Vorurteilen sie aufsitzen, wie die Jugendlichen sich selbst in dieser Situation verhalten würden. Katrin von Gierke vom "Projekt Akzeptanz" rät zur Vorsicht, wenn es zu Handgreiflichkeiten kommen sollte und zeigt sich erfreut über die Reaktionen. "Ich habe immer wieder ein sehr erfreutes Gefühl in Schulen wie diesen, dass sie schon sehr gut unterwegs sind in ihrer Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern", sagt Gierke.
Oguzhan Mutu hat seinen dritten Workshop erlebt und resümiert: "Es ging um meine persönliche Erfahrung, wie man damit fertig wird, wenn man wegen seiner Religion angefeindet wird. Da habe ich den Kindern ein Beispiel aus meinem Leben gegeben. Es war schön, die Reaktionen zu sehen und zu diskutieren, was ich gemacht habe und wie das wahrgenommen wird. Vor allen Dingen ist es schön, den Betroffenen mitzugeben, dass sie nicht allein sind und dass wir alle solche Dinge erleben."
André Cohn sieht positive Veränderung bei Jugendlichen
André Cohn hebt die kritischen Fragen der Jugendlichen hervor, zum Beispiel zum Thema Umgang mit Homosexualität in den Religionen. Er empfiehlt, sich nie vorschreiben zu lassen, wie man zu leben habe. Er sieht, obwohl seine Schulzeit noch keine zehn Jahre her ist, eine Veränderung bei den Jugendlichen heute:
"Die Jugend heutzutage ist sich viel mehr der sozialen Herausforderungen bewusst, als wir es vor wenigen Jahren waren. Ich finde, das ist eine sehr wichtige Entwicklung. Ich glaube, einerseits wird es mehr in Lehrpläne aufgenommen, Dinge kritisch zu hinterfragen. Es ist aber insgesamt ein kultureller Unterschied zu früher, dass sich die Jugend heutzutage auch außerhalb der Schule mehr mit solchen Dingen auseinandersetzt."
Das "Projekt Akzeptanz. miteinander - füreinander" ist für Schulen kostenlos.