Zwei Jugendliche begrüßen sich © picture alliance / PantherMedia Foto: Diego Cervo

Neue Broschüre für Lehrer zum Umgang mit Rassismus

Stand: 18.03.2022 12:10 Uhr

Zum Umgang mit islamistischen und rassistischen Anschlägen hat das Leibniz-Institut für Bildungsmedien Georg-Eckert-Institut in Braunschweig eine neue Broschüre für Lehrer herausgebracht.

Zwei Jugendliche begrüßen sich © picture alliance / PantherMedia Foto: Diego Cervo
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von Bita Schafi-Neya

Wie kann man über Bilderverbot und Prophetendarstellung im Unterricht sprechen? Wie lässt sich sensibel gegenüber individuellen Bedrohungsgefühlen oder Rassismus-Erfahrungen im Nachgang von Anschlägen agieren? In der Broschüre werden verschiedene Fragen behandelt. 80 Seiten umfasst das Heft mit dem Titel "Islamistische und rassistische Anschläge - ein Thema für Unterricht und Schule". Anlass für die Herausgabe war der Tod des französischen Geschichtslehrers Samuel Paty im Oktober 2020. Ein 18-jähriger Islamist hatte ihn auf offener Straße enthauptet.

Rollenspiele regen zu Denkprozessen an

Der Leitfaden geht auf eine Webtalk-Reihe zurück, die im Frühjahr vergangenen Jahres veranstaltet wurde, sagt Riem Spielhaus, Islamwissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Bildungsmedien Georg-Eckert-Institut in Braunschweig: "Hier gibt es Lernmaterial zur künstlerischen Aneignung von Gewalt, mit ganz konkreten Arbeitsblättern für den Unterricht. Man kann sehr abstrakte Bilder aufgreifen und sich dann darüber auseinandersetzen und reflektieren, womit wir eigentlich konfrontiert werden, wenn wir Medien konsumieren, wenn wir fernsehen, wenn wir Videospiele spielen. Wo sind unsere eigenen Grenzen? Was finden wir gut, was finden wir überhaupt nicht gut und was möchten wir auch nicht teilen?"

Cover der Broschüre: "Islamistische und rassistische Anschläge - ein Thema für Unterricht und Schule" © ufuq.de
80 Seiten umfasst die Broschüre "Islamistische und rassistische Anschläge - ein Thema für Unterricht und Schule".

Wie ambivalent das Thema Rassismus ist, zeigt sich jeden Tag an den Schulen. Es sei aus der Gesellschaft gar nicht wegzudenken, sagt Soraya Levin. Sie unterrichtet Sozialpädagogik und Politik an der Oskar-Kämmer-Schule in Braunschweig. Als Mitglied im Netzwerk "Schule ohne Rassismus / Schule mit Courage" engagiert sich das Kollegium gegen Diskriminierung und führt regelmäßig Projekttage zum Thema durch, erzählt Levin: "Es geht um theoretische Konzepte, die man aber auch immer wieder durch Filme ergänzen sollte und vielleicht auch durch Rollenspiele wie Moraltheorien. Dilemmata-Situationen im Unterrichtsprozess herzustellen, dass ich gezwungen bin, sichtbar zu machen, wenn ich in einer ausweglosen Situation bin und dass es immer falsch sein wird, egal, wie ich mich entscheide - das ruft Denkprozesse hervor, die viel mehr bringen, als wenn ich verlange, dass wir eine Schweigeminute machen."

Zeitzeugen berichten von ihren Erfahrungen

Da es aufgrund von Corona derzeit schwierig ist, in Ausstellungen zu gehen, bietet die Oskar-Kämmer-Schule Workshops zum Thema "Wie gehe ich mit islamistischen und rassistischen Anschlägen um?" an. In regelmäßigen Abständen werden auch Zeitzeugen eingeladen, erzählt Tarek Kaufmann aus der Fachabiturklasse: "Wir hatten einen DDR-Zeitzeugen eingeladen, Gabriel Berger, der auch Antisemitismus erlebt hatte, weil er jüdisch war. Er floh aus Polen wieder in die DDR, weil in Polen auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch ein Feindbild des Juden weitergelebt wurde." Tareks Klassenkammeradin Isabelle Stranz ergänzt: "Es war sehr beeindruckend, was er aus seiner Geschichte gemacht hat, dass er auch Bücher darüber geschrieben hat. Er ist auf alle unsere Fragen eingegangen. Das fand ich schon sehr toll, dass man mit so einen Menschen in Kontakt treten und darüber sprechen konnte.

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Ängste beseitigen

Auch der derzeitige Ukraine-Krieg werde intensiv im Unterricht besprochen. Themen wie Krieg oder islamistische Anschläge machen den Schülerinnen und Schülern Angst: "Wenn man mal in die Tiefe geht, wie so ein Anschlag entstehen kann, nimmt das einem ein wenig die Angst, weil man sieht, wie das Problem entsteht und wie man es eventuell bereinigen könnte", erklärt Tarek Kaufmann. "Man kann auch selbst tätig werden und das, was wir im Unterricht lernen, auf das private Umfeld projizieren, um dort diese Vorurteile aufzulösen", fügt Isabelle Stranz hinzu.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 18.03.2022 | 15:20 Uhr

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