Parkfriedhof in Oldenburg-Bümmerstede © NDR
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AUDIO: Immer mehr Bedarf: Zu wenig Platz für muslimische Gräber? (6 Min)

Immer mehr Bedarf: Zu wenig Platz für muslimische Gräber?

Stand: 07.04.2023 06:00 Uhr

In Ballungsräumen werden die Flächen für muslimische Gräber knapp. Aber wie sieht es in anderen, eher ländlichen Gegenden aus? Reporterin Helgard Füchsel hat in Delmenhorst und Oldenburg nachgefragt.

von Helgard Füchsel

Immer mehr muslimische Familien fühlen sich so in Deutschland verwurzelt, dass sie auch verstorbene Angehörige in ihrer Nähe begraben möchten. Was eigentlich ein gutes Zeichen ist, ein Zeichen für Integration und Zugehörigkeitsgefühl, schafft gleichzeitig auch Probleme.

Muslimische Beisetzungen haben sprunghaft zugenommen

Bereits von weitem sind sie zu erkennen, die Grabsteine mit den Minaretten auf dem Parkfriedhof an der Stadtgrenze von Oldenburg. Von Nahem betrachtet sind die Gräber auf dem muslimischen Grabfeld sehr unterschiedlich: schlichte Steine, ein großes Herz, Grabmale mit arabischen Inschriften. Für das Grabfeld gibt es immer mehr Bedarf, sagt Uwe Ahlers von der Stadt Oldenburg: "Man muss sagen, dass die muslimischen Beisetzungen sprunghaft zugenommen haben. In den ersten Jahren, 1990 bis 2010, waren es vereinzelte Beisetzungen, eine oder zwei im Jahr, und im letzten Jahr gab es schon 26 Beisetzungen. Wir müssen davon ausgehen, dass wir derzeit zwischen 20 und 30 Beisetzungen im Jahr haben werden."

Dennoch reiche der Platz. 3.000 Quadratmeter seien bereits hergerichtet - 5.000 Quadratmeter können ohne großen Aufwand noch dazu genommen werden. So seien mit den etwa 600 Grabstellen 25 Jahre gesichert. Dabei nimmt der städtische Friedhof nicht nur Verstorbene aus Oldenburg auf, betont der städtische Grünflächenbeauftragte: "Es ist Fakt, dass nicht alle Randgemeinden um Oldenburg herum muslimische Gräber anbieten. Von daher haben wir auch aus den Randgemeinden einen Zulauf, der nicht auf Oldenburg begrenzt ist. Daher haben wir auch 2005 unsere Friedhofssatzung dahingehend geändert, um zu ermöglichen, dass nicht nur Oldenburger hier beigesetzt werden können, sondern auch Personen aus dem weiteren Umfeld."

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Genug Bestattungsplätze in Delmenhorst

Das nächste muslimische Grabfeld liegt fast 40 Autokilometer entfernt auf dem Bungerhof - einem Friedhof der Stadt Delmenhorst. Seinerzeit kamen viele Arbeiter aus der Türkei in die Stadt. Ein paar muslimische Grabstellen auf dem Bungerhof datieren aus den 80er-Jahren. Einige kleine Gräber erzählen eine traurige Geschichte, denn dort liegen Kinder, sagt Holger Kreye vom Bauhof der Stadt Delmenhorst: "Das war damals noch kein muslimisches Gräberfeld. Die Gräber sind auch noch nicht in Gebetsrichtung ausgerichtet, sondern sie sind damals wahrscheinlich aus der Situation heraus entstanden. Die Kinder sind verstorben und eine Rückführung in die Heimat der Eltern war wahrscheinlich nicht gewollt."

Bungerhof, der städtische Friedhof Delmenhorst © NDR
Auf dem Bungerhof, dem städtischen Friedhof Delmenhorst, gibt es einen Pavillon neben den muslimischen Gräbern, in dem die Gläubigen das Totengebet abhalten können.

Ein muslimisches Grabfeld, auf dem die Toten in Gebetsrichtung gen Mekka liegen, gibt es auf dem Bungerhof erst seit dem Jahr 2000. Auch hier wächst die Zahl der Bestattungen stetig. Der Friedhof nimmt nur Verstorbene aus Delmenhorst. Etwa zwölf muslimische Gräber kommen so im Jahr dazu, erzählt Holger Kreye - Tendenz steigend: "Wir gehen davon aus, dass wir in den kommenden Jahren mehr Bestattungsplätze benötigen, weil die zweite, dritte oder vierte Generation schwerpunktmäßig aus der Türkei stammenden Muslime sich hier auf dem Friedhof bestatten lassen wird."

Außerdem kämen muslimische Flüchtlinge nach Delmenhorst, die auch irgendwann Gräber benötigten. Platz gebe es genug. Im Moment sind noch 70 Grabstellen vorhanden. Große Flächen können noch erschlossen werden. Bis etwa 2035 sieht Holger Kreye kein Problem.

Bestattungskultur im Wandel

Im Islam sind nur Erdbestattungen vorgesehen. Das war früher auch unter Christen üblich. Auf den anderen Teilen des Friedhofs lassen sich aber mittlerweile 80 Prozent der Menschen in Urnen bestatten. Und weil die meisten Gräber nach 25 Jahren aufgelöst werden, gibt es immer mehr Platz. "Wir machen uns Gedanken über ein Konzept dieses Friedhofs 2030/2050", erzählt Holger Kreye. "Wie sieht so ein Friedhof aus? Wir haben einen Waldfriedhof, und es wird eher eine grüne Lunge der Stadt werden, ein Naherholungsgebiet, wo man einfach mal spazieren gehen kann. Hier wird es viele Bereiche geben, wo kaum noch Bestattungen stattfinden werden."

Das muslimische Grabfeld könne noch ausgedehnt werden. Hier liegen die Toten dann in sogenannter jungfräulicher Erde. Gleichzeitig würden dann andere Bereiche des Friedhofs in einen Park umgewandelt. Die Bestattungskultur ist im Wandel - nicht nur bei Muslimen.

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Die Kuppel des Felsendoms in Jerusalem © NDR

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 07.04.2023 | 15:20 Uhr

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