"Der verkaufte Feminismus": Eine Analyse von Beate Hausbichler
Mit ihrem Buch "Der verkaufte Feminismus" zeigt Beate Hausbichler wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde. Mit ihrem Buch ist die Österreicherin für den NDR Sachbuchpreis 2021 nominiert.
Der Women20-Gipfel 2017 in Berlin brachte für Beate Hausbichler das Fass zum überlaufen: Auf großer Bühne saßen da Christine Lagarde, Ivanka Trump und Königin Máxima und behaupteten, sie seien Feministinnen. Keine der Diskutantinnen sei je mit Ansagen zu feministischer Politik aufgefallen, schreibt Hausbichler. Und die Strukturen, denen sie ihre unverschämt überprivilegierten Lebensumstände verdanken - mit denen hätte der Feminismus früher ein großes Problem gehabt.
Und so fragt die Autorin: Wie konnte der Feminismus derart salonfähig werden, wo noch in den 80er- und 90er-Jahren über sogenannte "Emanzen" die Nase gerümpft wurde? In drei großen Kapiteln über Wirtschaft, Medien und elitäre Frauennetzwerke führt Beate Hausbichler kritisch und mit der notwendigen Portion Sarkasmus vor Augen, wie der Kapitalismus in den letzten 10 bis 15 Jahren den Feminismus kaperte. Wie Unternehmen und soziale Medien sich den Begriff aneigneten, ihn entpolitisierten, um ihn gewinnbringend zu vermarkten. Wie sie dafür die kollektive politische Arbeit für die Gleichberechtigung aller reduzierten auf die individuelle Arbeit an und für sich selbst.
Hausbichler zeigt die Individualisierung des Feminismus

Es ist ein Genuss, wie Hausbichler die milliardenschweren Werbekampangen von Konzernen zerlegt, die Frauen Kosmetika, Ratgeber, Yoga-Klamotten und Damenrasierer zwecks Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung andienen. Oder T-Shirts - wahlweise für 550 Euro von Dior oder für 15 Euro von H&M - bedruckt mit feministischen Parolen.
Es herrsche ein Verständnis von Feminismus vor, "in dem es darum geht, dass ich als Individuum auch den Feminismus konsumiere, indem ich mir einfach selbst ein gutes Gefühl davon gebe, in einer progressiven Gesellschaft zu leben. "Das sei gefährlich, weil dadurch der Blick dafür verlorengehe, wie es der Masse der Frauen gehe. TV-Serien wie "Girls" oder Beyonces gleichnamiges Album gelten als Auslöser für den ich-bezogenen, pop-feministischen Hype, der ohne die privaten, sozialen Medien kaum denkbar wäre.
Hausbichler untersucht auch die Rolle der Sozialen Medien, streift und würdigt dabei kurz die #MeToo-Debatte - und erinnert doch im selben Satz daran: Gewalt gegen Frauen gab es schon früher. Warum interessiert das Thema erst jetzt? Weil es Klickzahlen und Profit bringt.
"Der verkaufte Feminismus": Das Ziel des Feminismus gerät aus dem Blick
Anschaulich fasst Hausbichler Ursachen und Interessen des neuen Phänomens zusammen und bezieht dabei auch aktuelle feministische Forschung vor allem aus den USA mit ein. Und immer wieder hält sie dem rosa Konsum-Feminismus den mühsamen Kampf der Frauenbewegung entgegen. Sie betont, wie vieles noch immer nicht eingelöst ist: Das uneingeschränkte Recht auf Abtreibung etwa. Oder gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
So schärft ihr leichthändig geschriebenes, angenehm bissiges Buch den Blick dafür, genau hinzusehen, wer oder was sich heute als feministisch bezeichnet. Der Feminismus verkomme zur Lebensberatung für ein individuell glücklicheres Leben, schreibt Hausbichler. Doch es ging bei der Frauenbewegung nie um Glück. Es geht um gerechtere Lebensbedingungen für alle.
Der verkaufte Feminismus - wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde
- Seitenzahl:
- 224 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Verlag:
- Residenz Verlag
- Veröffentlichungsdatum:
- 23. Februar 2021
- Bestellnummer:
- 978-3-7017-3526-6
- Preis:
- 22 €
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