Ein Chorsänger hält ein Notenblatt © picture alliance / dpa Themendienst | Ina Fassbender Foto: Ina Fassbender

Nordakkord: Schwul-lesbisches Chorfestival startet in Bremen

Stand: 25.05.2022 17:33 Uhr

2011 ist Nordakkord als schwul-lesbisches Chorfestival des Nordens vom Münsteraner Schwulenchor Homophon gegründet worden. Dieses Jahr findet es in Bremen statt. Ein Gespräch mit der Altistin Ulrike Bendrath, Mitglied im Chor "Da capo al dente".

Frau Bendrath, nach Münster, Hamburg, Leipzig, Köln und Berlin kommt das Nordakkord-Festival nun auf Einladung der Gruppierung "Da capo al dente - queerer Chor Bremen" an die Weser. Wieso "Da capo al dente"?

Ulrike Bendrath: Da capo al dente - noch einmal mit Biss -, das ist unser Name, den wir schon seit 25 Jahren tragen. Ich selbst singe bei Da capo al dente seit 20 Jahren. Ich muss zugeben, die Anfangsdiskussion habe ich verpasst, aber es ist doch eigentlich eine schöne Idee, etwas noch einmal, aber mit Biss zu singen und vielleicht auch etwas Besonderes dabei zu denken.

Ich spiele selbst Geige und habe in verschiedenen Orchestern mitgespielt. Die Frage nach der sexuellen Orientierung, wo man herkommt oder welchen Glauben man hat, kam eigentlich nie auf. Wie kommt es, dass es so einen Chor explizit für queere Menschen gibt? Warum braucht es das?

Bendrath: Das kann man auf verschiedenen Ebenen betrachten. Die eine ist die soziale Ebene: Miteinander gemeinsam zu singen macht Spaß, und es macht umso mehr Spaß und klingt sicherlich auch umso harmonischer, wenn man sehr entspannt miteinander ist und sich gut versteht. Lesben und Schwulen ist es jahrzehntelang so gegangen, dass die Akzeptanz nicht besonders groß für uns war. Viele Jahre hat es Schutzräume gebraucht, in denen sich Menschen überhaupt getraut haben, so zu sein, wie sie sind. Aus dieser Geschichte heraus denke ich, dass schwule und lesbische Chöre entstanden sind - inzwischen queere Chöre, weil natürlich auch Transmenschen und Interpersonen ihren Raum haben sollen. Deshalb haben wir uns umbenannt. Wer zu uns kommen will, kommt zu uns und singt mit. Man kann das ja nicht kontrollieren - und das wollen wir natürlich auch gar nicht. Wer Lust hat, mit uns Musik zu machen, ist herzlich willkommen.

Dann gibt es natürlich noch die musikalische und die inhaltliche Seite. Wenn sich Lesben und Schwule zusammen ein Konzertprogramm ausdenken, können sie darin ihre eigene Identität und Geschichte vielleicht noch einmal anders zeigen.

Spiegelt sich das wider im Programm? Was werden Sie singen?

Bendrath: Wir haben eine unglaubliche Bandbreite bei unserem Festival. Da gibt es zwei Chöre, die ganz explizit klassikbegeistert sind. Auch in der klassischen Musik - ob Tschaikowsky oder Chopin - gibt es schwule Komponisten. Es gibt aber auch viele Chöre, die Schlager oder Pop singen. Oft ist es schon eine ganz andere Aussage, wenn beispielsweise ein lesbischer Chor singt: "Ich breche die Herzen der stolzesten Frauen". Oder wenn ein schwuler Chor singt: "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen". Da capo al dente wird beim Straßensingen in der Bremer Innenstadt "Das lila Lied" zum Besten geben. Das ist explizit ein Lied mit homosexueller Geschichte aus den 1920er-Jahren, in dem es schon damals darum geht, dass wir anders sind als die anderen. Schon damals wurde davon gesungen - wie eine Hymne -, gleiche Rechte zu erstreiten. Das werden Lesben und Schwule wahrscheinlich so nicht erleben und singen können, wenn sie nicht in lesbischen, schwulen oder anderen queeren Chören dabei sind.

Was erwarten Sie für ein Publikum? Eher aus der Community oder wird das bunt gemischt sein?

Bendrath: Das kann man vorher natürlich nie so genau wissen. Wir gehen davon aus, dass unser Festival wie eine Art Familientreffen sein kann und die queere Community anzieht. Das hoffen wir, darüber würden wir uns sehr freuen. Aber genauso freuen wir uns, wenn musikbegeisterte Bremerinnen, Bremer, norddeutsche Menschen Lust haben, über Himmelfahrt nach Bremen zu kommen und tolle Chöre zu hören, die drei Abende lang wunderschöne Musik singen - a cappella oder mit Klavierbegleitung. Wir freuen uns über alle, die Lust haben, schöne Musik in einer entspannten und freundlichen Gemeinschaft zu erleben.

Das Gespräch führte Raliza Nikolov.

Nordakkord: Schwul-lesbisches Chorfestival startet in Bremen

Nach unter anderem Münster und Köln kommt das Festival nun auf Einladung der Gruppierung Da capo al dente an die Weser.

Art:
Konzert
Datum:
Ende:
Ort:
Metropol Theater Bremen
Richtweg 7
28195  Bremen
E-Mail:
info@nordakkord.de
Preis:
ab 17 Euro
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 25.05.2022 | 12:20 Uhr

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