René Jacobs und das B‘Rock Orchestra spielen Schubert
Vor drei Jahren haben René Jacobs und das B‘Rock Orchestra die Gesamteinspielung der Sinfonien von Franz Schubert begonnen. Nun erscheint der dritte Teil ihres Projekts mit der 4. und 5. Sinfonie.
Die Aufnahme beginnt mit einem Ausrufezeichen. Solch starke Erschütterungen erfährt man beim Hören der 4. Sinfonie, der "Tragischen", wohl nur, wenn sie auf historischen Instrumenten gespielt wird. Es poltert viel mehr und viel bedrohlicher als in den Aufnahmen der Berliner oder auch denen der Wiener Philharmoniker. Und selbst ein historisch informiertes Orchester wie das Kammerorchester Basel klingt weniger aufrüttelnd.
Präzise Umsetzung des Notentextes
René Jacobs und das B‘Rock Orchestra erfinden die 4. Sinfonie von Franz Schubert keineswegs neu. Es gibt vergleichbare, ähnlich transparent klingende Aufnahmen von Nikolaus Harnoncourt oder jene auch des Freiburger Barockorchesters. Was bei dieser neuen Einspielung aber besonders überzeugt, ist die sehr präzise Umsetzung des Notentextes, sowohl in den Tempi als auch in Ausdruck und Dynamik. Das innerlich drängende Adagio molto bricht sich Bahn in einem dramatischen Allegro vivace.
Kantig und aufregend klingt dieser Schubert. Dazwischen traumwandlerische Kantilenen, wie sie vielleicht am ehesten von einem Gesangsexperten wie René Jacobs gestaltet werden können.
Nicht alles ist perfekt an dieser Aufnahme, hier und da etwas breit phrasiert, ein paar Eintrübungen in der Intonation, die nun mal bei historischen Instrumenten eine besondere Herausforderung darstellt. Umso mehr erstaunt das flotte Tempo des Dritten Satzes der 4. Sinfonie, das mit seinen komplexen Rhythmen die meisten von einem tatsächlich vorgeschriebenen Allegro vivace abhält. Jacobs und die B’Rocks halten sich dran - und klingen so viel weniger akademisch als beispielsweise das Freiburger Barockorchester oder das Schwedische Kammerorchester.
Ein charakterstark musizierter Schubert, sprühend und brillant
Weniger wild und aufwühlend klingt die nachfolgende 5. Sinfonie von Franz Schubert. Beide, sowohl die 4. als auch die 5. Sinfonie, entstanden 1816, als Schubert gerade mal 19 Jahre alt war.
Auch wenn im Vergleich die lichtere 5. durch ihre Struktur erwartbarer und dadurch harmloser klingt, sorgen Jacobs und das belgische B‘Rock Orchestra für spannende Steigerungsmomente und lesen auch hier sehr genau die Vorgaben zu Tempi, Akzenten und Dynamik. Immer wieder schimmert Mozart durch, und Jacobs vermag mit dem belgischen Kammerorchester Geschichten zu erzählen mit Handlungssträngen, wie sie auch in Mozart-Opern zu finden wären.
Ein charakterstark musizierter Schubert, sprühend und brillant. Angereichert durch ein lesenswertes Booklet, in dem René Jacobs knapp und anschaulich auf die wesentlichen Punkte der Werke eingeht.
Schubert: Sinfonien 4 & 5
- Label:
- Pentatone
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Klassik
