CD der Woche: Lisa Batiashvili spielt romantische Musikstücke
Auf ihrem aktuellen Album "Secret Love Letters" verbindet die Geigerin Lisa Batiashvili Kammermusik und Konzertantes miteinander. Aus drei Konzerten ist diese Aufnahme entstanden.
Lisa Batiashvili beginnt im Duo mit dem jungen, von ihr geförderten Pianisten Giorgi Gigashvili mit der berühmten und gern gespielten Violinsonate von César Franck und lässt das hochemotionale erste Violinkonzert von Karol Szymanowski folgen. Dort wo einst der Geiger Paul Kochanski dieses farbige Werk uraufgeführt hat, in der Academy of Music in Philadelphia, hat auch Lisa Batiashvili ihre Aufnahme gemacht, knapp 100 Jahre später, zusammen mit dem Philadelphia Orchestra und Yannick Nézet-Séguin.
Wunderbare Atmosphäre vom ersten Takt an
So zart, so samten, so atmosphärisch beginnen Lisa Batiashvili und Giorgi Gigashvili die große Sonate von César Franck, dieses Hochzeitsgeschenk für den legendären belgischen Geiger Eugène Ysaye - da ist vom ersten Takt an eingelöst, was die Geigerin meint, wenn sie sagt, Musik, ebenso wie Kunst und Literatur, sei seit jeher das schönste Medium, um verborgene Botschaften zu teilen oder um von geheimer Liebe und lang Verschwiegenem zu künden: "Der visuelle Teil fehlt bei uns, aber es gibt trotzdem immer eine Handlung in der Musik. Diese Handlung, die in der Oper, im Theater klar da steht, ist in einem symphonischen Konzert nicht da, und trotzdem müssen wir eine Geschichte erzählen."
Eine Geschichte, die hintergründig ihre Wirkung entfaltet, in der sich alle, die sie hören mögen, verlieren dürfen, wenn es denn glückt, wenn die Neugier unmittelbar geweckt ist und die Spannung in einem großen Bogen über das ganze Werk hinweg gehalten wird. Das ist die Herausforderung, immer wieder, und das gelingt hier auf wundervolle Weise.
Die überraschende Klangwelt von Karol Szymanowski
Wir lauschen Lisa Batiashvili im feinsinnigen Zwiegespräch mit ihrem Landsmann, dem georgischen Pianisten Giorgi Gigashvili. Er ist 21 und studiert in Genf - dank eines Stipendiums der Lisa Batiashvili-Stiftung. Und dann - die überraschende Klangwelt von Karol Szymanowski: sein erstes Violinkonzert, entstanden mitten im Ersten Weltkrieg, "ein Werk voller Liebe und Schmerz, geboren aus den Zwängen, die ein Mann erfährt, der sich in einen anderen Mann verliebt", zu einer Zeit, da das geächtet ist, sagt Lisa Batiashvili, die in ihren Ton all diese Liebe und diesen Schmerz hineinlegt.
"Ich glaube, Musik ist der beste Weg, sowohl Liebesgeschichten, aber auch politische Unterdrückung und so weiter hineinzustecken, ohne dass man dafür kritisiert wird, weil es natürlich auch eine sehr schöne Verschleierung ist innerhalb dieser Noten, die man wiedergibt", sagt Batiashvili.
Yannick Nézet-Seguins sehr persönliche Klangfarbe
Aus drei Konzerten ist diese Aufnahme entstanden, das Live-Erlebnis ist ein wesentliches Element. Und so aufmerksam und virtuos Gigashvili spielt, so farbenreich und flexibel begleitet das bestens aufgelegte Philadelphia Orchestra mit Yannick Nézet-Seguin. Am Ende dieser magischen Reise sitzt Nézet-Seguin am Klavier, und so wie das Album begonnen hat, zart und samten, so endet es auch, mit Debussys "Beau soir". Lisa Batiashvili schwärmt von Nézet-Seguins sehr persönlichen Klangfarbe: "Die Klangfarbe, die im Orchester entsteht, wenn Yannick dirigiert, ist ganz eigen und ganz er. Interessanterweise - und wahrscheinlich logischerweise - passiert das auch, wenn er am Klavier sitzt, weil einfach diese Großzügigkeit auch in seinem Klavierspiel entsteht."
Secret Love Letters
- Zusatzinfo:
- Werke von César Franck, Karol Szymanowski, Ernest Chausson und Claude Debussy
- Label:
- Deutsche Grammophon