Rolf Kühn, Jazzmusiker und Komponist, im Jahr 2019 in Berlin. © picture alliance/dpa Foto: Gregor Fischer

Jazz-Legende Rolf Kühn gestorben

Stand: 22.08.2022 12:02 Uhr

Der Jazzmusiker Rolf Kühn ist tot. Er starb nach Angaben seiner Ehefrau bereits am Donnerstag in Berlin. Der Klarinettist und Komponist wurde 92 Jahren alt.

Kühns Schaffensprozess spannte sich von den 1940er-Jahren bis in die Gegenwart. Dabei profilierte er sich in unterschiedlichen Stilrichtungen und hatte dabei einen gänzlich eigenen Ton auf der Klarinette. Mit seinem Tod verliert der Jazz einen der wenigen deutschen Musiker, die man nicht nur als Ausnahme, sondern auch als Weltklasse bezeichnen darf.

Schon als 17-Jähriger als Solist aufgetreten

Geboren am 29. September 1929 in Köln, aufgewachsen in Leipzig, stieß Rolf Kühn als 17-Jähriger zur Big Band von Kurt Henkels und glänzte bereits damals als Solist. Doch Rolf Kühn drängte es weiter. Er wagte den Sprung nach dem Westen. Über Hamburg kam er 1950 nach Berlin, wo er bis 1956 als Erster Saxofonist im RIAS-Orchesters spielte und auch mit einer eigenen Jazzband arbeitete. In Deutschland bereits zur Spitze gehörend und von 1954 an ständiger Gewinner der europäischen Jazz Polls als bester Klarinettist, wollte Rolf Kühn beweisen, dass er auch in den USA erfolgreich sein kann. Kein Geringerer als Buddy DeFranco, sein damaliges Idol und späterer Partner in der "Clarinet Connection", ermutigte den jungen deutschen Klarinettisten, 1956 nach Amerika zu gehen.  

Karriere in den USA

In den USA überzeugte Rolf Kühn mit Qualität. Gemeinsam mit Caterina Valente trat er im New Yorker "Hotel Pierre" auf. Er lernte John Hammond kennen, wurde von diesem gefördert und mit einem eigenen Quartett präsentiert, das an prestigereichen Orten wie dem New Yorker "Birdland", dem "Blue Note" in Chicago sowie beim Newport Jazz Festival zu hören war. Bereits 1957 kürte das Fachmagazin "Down Beat" Rolf Kühn zum "Clarinet New Star". Von 1958 bis 1960 spielte er in der berühmten Band von Benny Goodman, die er bei Abwesenheit des Bandleaders auch selbst leitete. Anschließend war er als Nachfolger Buddy DeFrancos anderthalb Jahre Solo-Klarinettist im Orchester von Tommy Dorsey.

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Rückkehr nach Deutschland Anfang der 1960er-Jahre 

Nachdem Rolf Kühn auch in Amerika so ziemlich alles erreicht hatte, was man damals dort erreichen konnte, kehrte er Anfang der 1960er-Jahre nach Deutschland zurück. Von 1962 bis 1968 übernahm er die Leitung des Hamburger Studio-Orchesters, das sogenannte NDR Fernsehorchester. Als Mitglied der German All Stars reiste er nach Lateinamerika. Für das Label MPS entstanden eine Reihe von Alben in Besetzungen mit Albert Mangelsdorff, Daniel Humair, Palle Danielsson, Niels-Henning Ørsted-Pedersen, Randy Brecker, Chick Corea und vielen anderen.

Zusammenarbeit mit Bruder Joachim

Immer wieder arbeitete Rolf Kühn mit seinem rund 15 Jahre jüngeren Bruder, dem Pianisten Joachim Kühn, zusammen. Gemeinsam mit dem Coltrane-Bassisten Jimmy Garrison und dem Schlagzeuger Aldo Romano nahmen die Kühn-Brüder 1967 für das "Impulse!"-Label die Platte "Impressions Of New York" auf. Mit ihrem 2011 eingespielten Album "Lifeline" haben Rolf und Joachim Kühn die Erinnerung an diese denkwürdige Studio-Session aufgefrischt und mit neuem Elan fortgeführt.

 

Freude an großen Sound-Formaten

Rolf Kühn, der beständig als Jazzmusiker präsent war und in der Formation "Tri-O" mit jüngeren Musikern zusammenarbeitete, die seine Söhne oder Enkel sein könnten, trat auch als Komponist für Film und Fernsehen sowie als musikalischer Leiter von namhaften deutschsprachigen Bühnen wie dem Thalia-Theater in Hamburg, dem Theater an der Wien und dem Berliner Theater des Westens hervor. Seine Liebe zum Spiel im orchestralen Jazz-Format führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit mit der NDR Bigband.

ARD Radiofestival ändert sein Programm

Zum Tod von Rolf Kühn wird das ARD Radiofestival sein heutiges Programm ändern: Um 22.30 Uhr bringt das Festival eine Sendung aus der Reihe "Das Gespräch" mit ihm und um 23.30 Uhr im "Jazz" das Portrait "Der Elegante mit Kanten" - zu hören bei NDR Kultur.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 22.08.2022 | 12:10 Uhr

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