"Leben im Lockdown": Online-Gitarrenlehrer Michael Hüneke
An Musikschulen ist es weitgehend still geworden. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind auf Online-Unterricht umgestiegen. Einer von ihnen ist Michael Hüneke aus Sörup in Schleswig-Holstein.
Der zwölfjährige Janne zeigt, was er in der vergangenen Woche geübt hat: "Die Romanze" von Wolfgang Gast. Seit corona-bedingt Präsenzunterricht vermieden werden soll, bietet sein Gitarrenlehrer Michael Hüneke den Unterricht online an. Nach Ostern 2020 hat er sich auf die neue Unterrichtsart umgestellt, erzählt er: "Ich hatte das bis dahin noch nie gemacht. Es war erstmal sehr neu, weil es eine ganz andere Art zu unterrichten ist."
Unterricht ist sachlicher und effektiver geworden
Michael Hüneke ist 61 Jahre alt und lebt in Sörup in Schleswig Holstein. Seine Schülerinnen und Schüler - vom Erstklässler bis zur Seniorin - sind fast alle mit eingestiegen in seinen Unterricht per Videotelefonie. Da gibt's weniger Plauderei, es geht mehr ums Musikmachen, stellt der Lehrer fest. Der Umgang sei sachlicher, sagt er: "Bei einigen hat es dazu geführt, dass sie schneller vorangekommen sind, als vorher. Das fand ich erstaunlich."
Zusammenspiel online nicht möglich
Der Computerbildschirm ist zweigeteilt: Beide sitzen mit Gitarre vor der Kamera. Jeder bei sich zuhause. Volle CD-Regale hinter dem Lehrer, neben dem Schüler: ein Schrank mit Aktenordnern im Arbeitszimmer der Eltern. Auch, wenn es manchmal etwas ruckelt: Sie sehen sich, sie hören sich. Die klangliche Qualität ist nicht ideal, eben ein Kompromiss. Und es gibt Dinge, die im Online-Unterricht ganz wegfallen, erzählt Hüneke: "Durch die Zeitverzögerung kann ich nicht mit dem Schüler zusammenspielen. Das war eigentlich die größte Umstellung, weil ich das ziemlich viel im Unterricht mache. Ich spiele sonst die Stimme, die der Schüler spielt, mit, um ihn zu unterstützen und mehr Sicherheit zu geben. Das sind eben Sachen, die so nicht mehr gehen."
Der Lehrer spielt auch Gitarre in zwei Duos. Er vermisst die Auftritte. Das gemeinsame Proben pausiert ebenfalls. Anders als seine freiberuflichen Kolleginnen und Kollegen hat Michael Hüneke die Sicherheit, angestellt zu sein, bei der Musikschule der Stadt Flensburg und bei der Kreismusikschule Schleswig Flensburg. Vor existenziellen Ängsten blieb er deshalb bislang verschont. Ein großes Privileg - das weiß er.
Zeit für kleine Experimente
Neues ausprobieren - dazu hat die Ruhe und Einkehr in der Corona-Zeit den Gitarristen auch bewegt. Er experimentiert mit Aufnahmegeräten und begleitet sich quasi selbst, mehrstimmig. Kleine Videos davon verschickt er an seine Freunde. Dazu der scherzhafte Kommentar: "Im Lockdown ist man manchmal auf sich alleine angewiesen." Sein Haltung: sympathisch optimistisch.
Gar nicht zu unterrichten, kommt für ihn nicht in Frage: "Auf eine Art ist es auch spannend, einfach neue Wege auszuprobieren und irgendwas hinzukriegen. Irgendeinen Weg findet man immer, damit es weitergeht."
