Kunst und Corona: Mit Fensterausstellungen sichtbar bleiben
Künstler in Schleswig-Holstein haben sich etwas einfallen lassen, um trotz der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie ausstellen zu können: Sie zeigen ihre Werke in Schaufenstern - etwa in Kiel.
Ob nun der Sonntagsspaziergang mit der Familie, die Runde mit dem Hund oder einfach mal raus, um den Kopf frei zu kriegen - Spazierengehen ist im Moment ja für viele eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Was anderes kann man ja auch kaum machen - die Theater, Museen und Kinos sind geschlossen. Ein bisschen Kultur geht aber gerade doch: Schaufensterausstellungen entwickeln sich nämlich gerade zum richtigen Trend in Schleswig-Holstein. In Eutin zum Beispiel werden Kunsthandwerk und Malerei im Fenster ausgestellt, in Flensburg gibt es ab kommender Woche entlang der Norderstraße ganze Biografien auf großen Wandtafeln. In Kiel kann man sogar einen ganzen Fensterausstellungs-Spaziergang machen.
Kunst zum Innehalten im öffentlichen Raum
Ein Bus nach dem anderen rollt an die Haltestelle in der Andreas-Gayk-Straße. Menschen staksen durch die Schneereste. Die Fußgängerzone gegenüber ist fast leer. Nur vor einem Fenster der Stadtgalerie bleiben immer wieder Passanten stehen, schauen einen Moment auf den Bildschirm hinter der Scheibe. Und lauschen. Ein Video flimmert über den Fernseher. Sechs Minuten lang spricht eine Frau Worte aus, die wir vor der Pandemie kaum gebraucht haben. Immer und immer wieder. Bedrückend wirkt dieses Video - trotzdem fällt weggucken und -hören schwer. Die Stimme der Frau verschmilzt mit den Stadtgeräuschen.
Es ist Kunst, die zum Innehalten drängt. Und die genau das richtige für eine Fensterausstellung ist, wie Peter Kruska, der Leiter der Stadtgalerie, findet: "Auf verschiedenen Ebenen müssen diese Kunstwerke funktionieren und es muss jeder Betrachter angesprochen werden, weil es der öffentliche Raum ist und auch Leute da rein gehen, die sich sonst nicht mit Kunst auseinandersetzen." Auch diese sollten Gefallen an den Werken finden "und vielleicht dadurch auf die Kunst aufmerksam werden - auch um zu zeigen, was Kunst für schöne Impulse geben kann." In den anderen drei Fenstern sieht es fröhlicher aus: Dort stehen bunte Skulpturen, zusammengesetzt aus Alltagsgegenständen wie Tablettenpackungen, Lampenschirmen und Computertasten. Von wegen Corona-bedingt weggesperrt: So zeigt die Stadtgalerie ihre Kunst, ihre Künstlerinnen und Künstler allen, die vorbeischlendern.
Die Werke beleben die Altstadt

Ein paar Hundert Meter weiter am Alten Markt steht Lis Kortmann gerade vor dem Pop-up-Pavillon und schaut, ob die Beleuchtung schon passt. Oben aus den Fenstern der Galerie scheinen ihr sieben Menschen entgegenzublicken. Ihre Porträts unter dem Titel "Menschen Afghanistan" sind auf große Poster gedruckt. "Künstler leben ja davon, dass sie ihre Werke zeigen können, und dementsprechend versuchen wir natürlich momentan irgendwie alles möglich zu machen, um unsere Werke zeigen zu können. Und Schaufenster bieten sich dafür an", sagt sie. "Der zweite Trend ist Spazierengehen aktuell, dementsprechend passt das natürlich perfekt zusammen." Die Bilder fallen auf - und beleben so auf eine eigene Art und Weise die Altstadt.
In der Corona-Pandemie kommt die Kunst zu den Menschen
Fensterausstellungen wie diese sind ein Pandemie-bedingter Trend. Nicht nur in Schenefeld, Eutin oder Flensburg gibt es ähnliche Ausstellungen - in der Kieler Kulturszene haben die Leiterinnen der Galerie "Kunstraum B" das Format schon im vergangenen März für sich entdeckt, als zum ersten Mal die Türen zu bleiben mussten. Uta Kalthoff musste den Ausstellungsplan dafür nochmal ändern, denn längst nicht alles wirkt im Fenster. "Das, was wir dann gezeigt haben, war Kunst, die witzig, spritzig, farbig ist - also auf jeden Fall nichts mit Corona zu tun haben sollte. Die sollte einfach gute Laune verbreiten", sagt sie.
Gerade hängen an den weißen Wänden der Galerie zwischen Innenstadt und Schrevenpark bunte Keramikarbeiten und Bilder von zwei Studentinnen. Ab März steht dann schon das nächste Projekt an: Unter dem Titel "Don't stop the dance" wird die Vorsitzende Maren Schwartzkopf selbst kreativ. "Wir werden aus dem Raum auch eine Projektion oben an die Decke machen, die sich dann auf dem Bürgersteig widerspiegelt. Sodass die Leute einfach das Gefühl haben, dass der Raum, in den sie nicht reinkommen, auf diesem Weg zu ihnen kommt", erklärt Schwartzkopf.
Die Ausstellungen können alle noch bis mindestens 20. Februar entdeckt werden - und es gibt auch noch mehr Galerien und Projekte in der Stadt, die Kunst in den Fenstern ausstellen. Da lohnt es sich, beim nächsten Spaziergang einmal genauer hinzuschauen.
