Leben im Lockdown: Schaufenster-Ausstellungen in Hannover
Zwei Ausstellungen in Hannover bieten Kunstinteressierten die Möglichkeit auch in Zeiten der Pandemie Kunst zu erleben.
Josephine Altmeyer liest einen Text vor, der auf der breiten Fensterscheibe des Kunstvereins Langenhangen klebt. "Handlungsanweisungen" hat die Kunststudentin ihre Arbeit genannt, die im Rahmen eines Projekts ihres Studienganges "Experimentelle Gestaltung" an der Hochschule Hannover entstanden ist.
Dem Leben nach strengen Vorschriften in Zeiten der Pandemie will sie etwas entgegensetzen und ungewöhnliche Wege gehen: "Ich finde es wichtig, dass man den Fokus darauf lenkt, intuitiv und frei zu denken. Und ich möchte mit meiner Handlungsanweisung ein neues, freies Denken anregen - entgegen dieses rationalen, kausalen Denkens, was gerade sehr wichtig ist in allen anderen Bereichen."
Öffentlichen Raum mit Mitteln der Kunst zu erforschen
Auch die Arbeit von Sofia Baronner spielt mit der Intuition. Hinter der Fensterscheibe rattert eine Textbahn in Endlosschleife, auf der sie das Protokoll eines Besuchs im Stadtpark notiert hat. Beobachtet hat die Kunststudentin, wie Menschen auf verlassene Gegenstände reagieren und dann mit ihrem Gewissen ringen, ob sie sie behalten dürfen oder nicht.
Den öffentlichen Raum mit Mitteln der Kunst erforschen ist in der Ausstellung "Spaziergänge, ein Archiv" gewollt, sagt die Leiterin des Kunstvereins Langenhagen, Noor Mertens: "Man muss ein paar Mal zurückkommen, weil Langenhagen nicht per se ein spektakulärer Ort ist."
Ausstellung wie eine Theaterbühne
Ganz anders die Ausstellung in der Südstadt Hannovers. Über Eck ziehen sich die zwei Schaufensterfronten des Projektraums "Tanke", der früher einmal eine Fleischerei war. Wo einst die Verkaufstheke stand, rückt Illustrationskünstler Simon Schirmer gerade große Pappen zurecht. Grafische Element in breitem, schwarzem Pinselstrich sollen zeigen, wie das Weltall entstand.
Er hat sich bewusst für eine zweidimensionale Arbeit entschieden, sagt der studierte Grafikdesigner, der in den Nebenräumen sein Atelier hat: "Es ist wie eine Theaterbühne. Die Leute stehen da, denn man sieht es halt nur und kann nicht besonders nah an die Objekte ran gehen."
Ausstellungsraum auf die Straße verlegen
Plakative Kunstwerke funktionieren im Schaufenster, auch Konzeptkunst, die Kunstinteressierte auf Entdeckungsreise durch den öffentlichen Raum schickt. Das zeigen die beiden Ausstellungen in Hannover deutlich. Und wenn es nach dem Team der "Tanke" geht, wird die Ausdehnung in den öffentlichen Raum weiter gehen.
Sofia Baronner, die dort ihr Atelier hat, will den Platz vor dem Ausstellungsraum auf der Straße noch stärker für die Kunst öffnen: "Wir bekommen hier vor der 'Tanke' sogenannte Parklets. Das sind so bewegliche Module, die auf ehemaligen Parkplätzen errichtet werden. Diese können wir dann auch mit Freiluftausstellungen bespielen. Und da ist sehr viel möglich."
