Das Atelierhaus der Ernst-Barlach-Stiftung in Güstrow. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild Foto: Bernd Wüstneck

Junge Kunst in MV - wie kann sie gefördert werden?

Stand: 10.10.2022 14:53 Uhr

Das Barlach Museum Güstrow zeigt derzeit junge Kunst. "Barlach und die jungen Wilden" heißt die Ausstellung und stellt Werke des Altmeister Ernst Barlach Arbeiten junger Künstler gegenüber.

von Cornelia Helms

Drei der jungen Künstler kommen aus Mecklenburg-Vorpommern: Bildhauerin Julia Kausch und Maler und Bildhauer Carlo-Leopold Broschewitz. Beide leben und arbeiten ganz oder teilweise in MV. Was ist aus ihrer Sicht nötig, um junge Kunst in MV zu fördern?

Die schwierige Suche nach einem Altelier

Mit einer Feile bearbeitet Julia Kausch eine ihrer Gips-Skulpturen. Die Arbeiten der Bildhauerin stehen unter anderem in Kühlungsborn und Greifswald. Ihr 13 Quadratmeter großes Atelier im Kreativquartier Warnow Valley Rostock ist mittlerweile viel zu klein, aber ein neues kann sie sich in Rostock nicht leisten. "Normalerweise bräuchte man als Bildhauerin oder Bildhauer mindestens 30 Quadratmeter", sagt sie. "Das ist nicht nur hier schwierig, sondern in Rostock insgesamt. Hinzu kommt noch, dass wir hier an diesem Ort die Ankündigung bekommen haben, dass die Flachbauten abgerissen werden und gebaut werden soll, mehrstöckig, Wohnen und Gewerberäume und damit ist es das Aus für uns hier."

Wie viele ihrer Kollegen kann auch Julia Kausch von ihrer Kunst allein nicht leben. Zwei Nebenjobs als Grafikerin und Dozentin für Malerei braucht sie, um über die Runden zu kommen. Zeit, die ihr für Ihre Kunst fehlt. "Nebenjob, Netzwerk, Öffentlichkeitsarbeit, Buchhaltung - also der Job beinhaltet wesentlich mehr als nur im Atelier zu stehen", sagt sie.  

Rostocker Bürgerschaft will Künstler unterstützen

Das Warnow Valley liegt gegenüber des Rostocker Stadthafens. Eine Immobiliensahnestück. Hier arbeiten heute mehr als 50 Künstlerinnen und Kreative. Ein bezahlbares Quartier für sie alle zu finden, dafür setzt sich für die Rostocker Bürgerschaft unter anderem Anke Knitter ein. "Die Gefahr besteht immer, dass abgewandert wird, um dort hinzugehen, wo schon etwas gewachsen ist. Das ist ja auch gerade der Grund, warum wir als Bürgerschaft so viel Wert darauf legen, das was hier gewachsen ist, zu bewahren. Weil: Was einmal zerschlagen ist, das bekommen wir so schnell nicht wieder und hier unterstützen sich die Leute gegenseitig, können sich auch gegenseitig inspirieren und inspirieren am Ende auch die Stadt", sagt sie.

Gesehen wird man schneller, Verkäufe sind aber schwieriger

Doch davon, eine Stadt zu inspirieren, können junge Künstler schlichtweg nicht leben. Auch Carlo-Leopold Broschewitz betreibt neben seiner Kunst ein Planungsbüro für textile Architektur, das ihn ernährt. Er lebt und arbeitet sowohl in Leipzig als auch in der Nähe von Schwaan. "Wenn es um das 'gesehen werden' geht, ist es wahrscheinlich einfacher, in Mecklenburg gesehen zu werden, weil der Pool beispielsweise nicht so groß ist wie in Leipzig oder Berlin", erklärt er und fügt hinzu: "Aber was hier viel schwieriger ist: Ich habe in diesem Jahr zwei Ausstellungen in Leipzig gehabt und verkaufe dann auch immer sofort und das ist in Mecklenburg schwieriger."

Galerien und Ausstellungshäuser werden gebraucht

Damit Künstler verkaufen können, muss ihre Kunst gezeigt werden. Dafür braucht es Galerien und Ausstellungshäuser. Die aktuelle Ausstellung im Barlach Museum Güstrow will genau das leisten und zeigt aktuelle Arbeiten junger Künstler, erzählt Kuratorin Christin Sobeck. "Junge Kunst generiert Zukunft. Das muss man sich immer vor Augen führen", sagt sie. "Für uns als Museum liegt darin eine riesige Chance, dass wir uns eine neue Besucher*innengruppe erschließen können. Man muss junger Kunst ein Forum geben mit einer großen öffentlichen Zugänglichkeit. Damit wir zukünftig auch wieder etablierte Künstler haben, denn da fängt es an."

Ausstellung lockt mehr junge Besucher an

Die Idee geht auf. Die aktuelle Ausstellung hat dem Barlach Museum zusätzlich vor allem viele junge Besucher beschert und den Künstlern Sichtbarkeit. "Das ist ja eine Institution, die Rang und Namen hat und das geht ja auch über die Grenzen MV´s hinaus, natürlich ist das motivierend", meint Julia Kausch. "Es ist dort die Zusammenstellung der Künstlerinnen und Künstler, die dort gewählt worden sind - aus meiner Sicht, sehr schön gewählt  - und die Ausstellung an sich zu einem sehr spannungsvollen Raum gemacht haben", sagt Carlo-Leopold Broschewitz.

Julia Kausch hofft unterdessen, dass die Stadt Rostock bald ein bezahlbares Quartier für ihre Kreativen findet und wünscht sich mehr Spielorte für junge Kunst. Die Ausstellung im Barlach Museum in Güstrow ist noch bis zum 16. Oktober zu sehen.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Kulturjournal | 10.10.2022 | 19:00 Uhr

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