Polizeimuseum Hamburg: Wo Besucher selbst ermitteln können

Stand: 29.02.2024 14:00 Uhr

St.-Pauli-Killer, Hitler-Tagebücher, Ölfass-Mord: Im Polizeimuseum begeben sich Besucher auf die Spuren spektakulärer Kriminalfälle und lernen die Geschichte Hamburgs aus neuer Perspektive kennen.

Ein Ölfass treibt im Osterbekkanal durch Hamburg-Barmbek. Es ist der 9. November 1984, als die Polizei das Fass mit der darin einbetonierten Leiche eines Lottomillionärs aus dem Wasser fischt. Wo wurde der Mann damals umgebracht? Wer war der Täter? Der spektakuläre Kriminalfall wurde nie aufgeklärt und lässt heute den Besuchern des Polizeimuseums in Hamburg-Winterhude einen Schauer über den Rücken laufen.

Polizeiarbeit im Wandel der Zeit

Ein Polizist im Hamburger Polizeimuseum sitzt an einer Schreibmaschine. Die nachgebaute Wache stammt aus den 1960er-Jahren. (Foto von 2014) © Polizei Hamburg
Blick in die Vergangenheit: Die Polizeiarbeit in den 1960er-Jahren unterschied sich deutlich von der heutigen.

In der ehemaligen Kantine der Polizeischule präsentiert das Museum auf drei Etagen die mehr als 200-jährige Geschichte der Hamburger Polizei. Davon zeugen etwa die Nachtwachen, die Mitte des 19. Jahrhunderts innerhalb der Stadt auf Ordnung achteten und später von der Schutzpolizei abgelöst wurden. Eine Galerie von Handfesseln und Knebelketten gibt einen Eindruck, was Straftäter vergangener Tage bei der Verhaftung erwartete.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist die Frage, wie sich das Selbstverständnis und die Aufgaben der Polizei im Laufe der Jahrzehnte veränderten. Eine besondere Stellung nimmt dabei die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Hamburger Polizei während der NS-Zeit ein. So waren etwa die sogenannten Polizeibataillone im besetzten Polen an Erschießungen beteiligt.

Rückblicke in die 1960er- und 1980er-Jahre

Anschaulich zeigt die Ausstellung, wie Polizeiarbeit früher aussah. So taucht man beispielsweise in einem Raum in die 1960er-Jahre ein: Eine Puppe in Uniform sitzt dort in einer nachgebauten Wache vor einer Schreibmaschine. Auch das Wählscheibentelefon steht für diese Zeit. In einer Ecke steht die Tür zur Arrestzelle offen. Für die Besucher geht es weiter in die Zeit der Sturmflutkatastrophe von 1962. Ein Schlauchboot der Wasserschutzpolizei füllt den Raum aus, Zeitzeugen kommen zu Wort.

Auch Konflikte zwischen Bevölkerung und Polizei in den 1980er-Jahren, wie etwa der Hamburger Kessel oder die Auseinandersetzungen um die Hafenstraße, werden beleuchtet.

Acht spektakuläre Fälle im Fokus

Die Pistolen des "St-Pauli-Killers" Pinzner in einer Vitrine des Polizeimuseums Hamburg . © picture alliance / dpa Foto: Bodo Marks
Mit diesen Pistolen erschoss der "St.-Pauli-Killer" Werner Pinzner den gegen ihn ermittelnden Staatsanwalt.

Lebendige Einblicke in die Ermittlungsarbeit der Hamburger Polizei gibt die Ausstellung in einem Raum im Dachgeschoss. Anhand von Werkzeugen, Tatwaffen und Originaldokumenten zeigt sie acht spektakuläre Kriminalfälle. Dieser Bereich sollte nur von Menschen über 14 Jahren besucht werden, empfiehlt das Museum. Zu sehen sind etwa die Säge des Frauenmörders Fritz Honka, die gefälschten Hitler-Tagebücher, eine Streusandkiste, die der Kaufhaus-Erpresser "Dagobert" einst zur Geldübergabe nutzte, sowie Waffen des "St.-Pauli-Killers" Werner Pinzner.

Was genau passierte, welche Beweise die Beamten fanden - all das können Besucher sich selbst erarbeiten: originale Dokumente lesen, Gespräche mit Geiselnehmern anhören, Tatwaffen begutachten.

Das Polizeimuseum Hamburg

Carl-Cohn-Straße 39
22297 Hamburg

Öffnungszeiten Di-Do und So 11-17 Uhr
weitere Informationen auf der Website des Museums

Am Eingang besteht für die Besucher (ab 16 Jahren) Ausweispflicht.

Besucher schlüpfen in die Rolle von Polizisten

In der zweiten Etage können Besucher schließlich selbst zu Ermittlern werden. Im Mittelpunkt stehen drei Kriminalfälle: ein Mord, ein Einbruch, eine Unfallflucht. Wer mag, kann Fingerabdrücke vergleichen, Einbruchswerkzeuge ausfindig machen oder DNA analysieren und Phantombilder erstellen. Und auch alle, die schon immer einmal das Blaulicht im Streifenwagen anschalten oder im Helikopter Verkehrs- und Umweltsünder jagen wollten, werden nicht enttäuscht.

Pensonierte Beamte sind ehrenamtlich aktiv

Pensionierte Polizistinnen und Polizisten arbeiten ehrenamtlich im Museum und stehen für Erläuterungen und Gespräche zur Verfügung. Auf diese Weise können die Besucher Informationen aus ersten Hand erhalten. "Auf Augenhöhe, in entspannter Atmosphäre kommen bei uns Bevölkerung und Polizei zusammen. So kann aus gegenseitigem Verständnis Kenntnis wachsen - das ist unsere Motivation", erklärt der Leiter des Polizeimuseums Leon Ziemer.

Gut besuchte Veranstaltungen im "Krimisalon"

Das Polizeimuseum ist im Laufe der Zeit auch zu einem Ort der Hamburger Kultur- und Literaturszene geworden. Im "Krimisalon" finden viele Veranstaltungen statt. So berichten etwa Expertinnen und Experten der Fachbereiche Forensik, Strafverteidigung, Justiz, Kriminalermittlung und Polizeipsychologie über ihren Berufsalltag.

Auch bekannte Krimiautorinnen und -autoren lesen dort aus ihren Büchern. Dazu zählten bereits Simone Buchholz, Romy Fölck, Sophie Bonnet, Till Raether, Krischan Koch und der aus dem Kölner "Tatort" bekannte Schauspieler und ehemalige Gefängnisarzt Joe Bausch. Die Veranstaltungen sind stets sehr gut besucht. Es empfiehlt sich daher, Karten frühzeitig zu kaufen.

Seit 2014 für die Öffentlichkeit zugänglich

Hervorgegangen ist das Polizeimuseum aus einer Lehrmittelsammlung, die Polizeipräsident Gustav Roscher im 19. Jahrhundert, zusammengetragen hat. 1893 wurde für die Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte ein Kriminalmuseum errichtet. Der größte Teil der Sammlung wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Am 28. Februar 2014 öffnete das Museum auf dem Gelände der Polizeiakademie seine Pforten.

Geschichte der Polizei Hamburg

Die Hamburger Polizei hat eine lange Tradition. Während der französischen Besatzungszeit von 1811 bis 1814 wurden unterschiedliche polizeiliche Aufgaben in einer Institution zusammengefasst - und auch nach dem Abzug der Franzosen wollte man die Vorteile dieser zentralen Verwaltung nutzen. So beschloss der Senat am 25. Mai 1814, eine einheitliche Polizeibehörde zu schaffen. Als Gründungstag gilt der 26. Mai 1814. Die Anfang des 19. Jahrhunderts noch kleine Behörde - mit weniger als 100 Mitarbeitern - ist heute Arbeitgeber für rund 10.000 spezialisierte Fachkräfte.

Karte: Polizeimuseum Hamburg

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