De-Chirico-Ausstellung in Kunsthalle Hamburg: Es geht los
In der Hamburger Kunsthalle ist am Donnerstag die Ausstellung "Magische Wirklichkeit" des italienischen Künstlers Giorgio de Chirico digital eröffnet worden. Eine Reportage der Aufbauarbeiten.
Am Donnerstagabend ist die neue Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle von Giorgio de Chiriko, der als Vorläufer des Surrealismus gilt, mit Direktor Alexander Klar, der Kuratorin der Ausstellung Annabelle Görgen-Lammers, digital mit einem kleinen Rundgang eröffnet worden. Der Erste Bürgermeister der Hansestadt, Peter Tschentscher und der italienische Botschafter Luigi Mattiolo sendeten Videobotschaften, Moderator Daniel Kaiser von NDR 90,3 führte durch den Abend. Dazu gab es auf der Seite der Kunsthalle einen Live-Stream, den wir hier präsentierten.
Wie die De Chirico-Ausstellung aufgebaut wird
Bei den Aufbauarbeiten herrscht atemlose Stille im Saal, in dem schon einige der berühmtesten Bilder de Chiricos hängen. Dann geht es der Tür-großen, dicken Holzkiste an den Leib, die vielen Schrauben müssen raus. Gespannt beobachtet Restauratorin Nicoline Zornikau hinter ihrer Maske das Öffnen der Kiste. Das noch eingepackte Werk "Die Rückkehr des Dichters" kommt aus Toronto, aus dem Museum des Aga Khan.
Eine zweite, innere Holzverpackung kommt zum Vorschein, dann endlich: das Bild. "Erstmal war die Verpackung besonders spannend, weil wir zwei Kisten hatten und zwei Folien", erzählt die Restauratorin. "Das ist kein Standard, das heißt, die Spannung wurde noch etwas gesteigert." Spannend sei es auch, weil man das Werk zum ersten Mal als Original sehe - und weil man erkenne, wie der Zustand ist.
Am Anfang steht eine eingehende Untersuchung

Auf den ersten Blick scheint das Bild unversehrt. Es zeigt einen für de Chirico typischen hohen Turm hinter einem leeren Platz. Die Sonne brütet förmlich, ganz vorne sieht man fast schemenhaft einen Zug mit Dampflokomotive vorbeirattern, eine Reminiszenz an de Chiricos Vater, der Eisenbahn-Ingenieur war.
Nicoline Zornikau zückt eine kleine Lampe und beginnt, das Bild und den Rahmen Millimeter für Millimeter genau zu untersuchen. "Gibt es irgendwelche Kratzer, gibt es Löcher - also auch etwas, was jetzt gar nicht jüngeren Datums ist, sondern alte, überkommene Schäden", erklärt sie. "Und in der Regel reist mit so einem Werk ein Zustandsprotokoll, das checke ich gegen. Also wenn ich etwas sehe am Bild, was mir als Veränderung erscheint, dann prüfe ich: Ist das bisher schon festgehalten worden?"
De Chiricos Werke in neuem Kontext
Nur knapp zehn Minuten dauert diese Prüfung - dann ist alles klar: Das weit gereiste Bild ist unversehrt und kann jetzt aufgehängt werden. Das ist die Aufgabe der Kuratorin Annabelle Görgen-Lammers, die glücklich und ziemlich lange auf diesen Moment gewartet hat: "Das Schönste überhaupt an meinem Beruf", schwärmt sie. Drei Jahre habe sie darauf hingearbeitet, diesen Moment zu erleben: das Werk im Original zu sehen und im Kontext von Werken zu platzieren, mit denen es noch nie vorher gezeigt wurde. Vorsichtig wird das Gemälde angehoben, dann endlich hängt es in der Hamburger Ausstellung an einer dunkelblau gestrichenen Wand.
Leere Plätze: "Richtige Ausstellung zum richtigen Zeitpunkt"
50 verschiedene Leihgeber - privat und von Museen weltweit - machen diese außergewöhnliche De-Chirico-Ausstellung möglich. Gezeigt werden Bilder aus der Zeitspanne von 1909 bis 1919, der metaphysischen, sozusagen der grenzüberschreitenden Phase der Malerei de Chiricos: leere, sonnendurchflutete Plätze, Türme, Arkaden, seltsam fallende Schatten. Die Bilder wirken geheimnisvoll und passen in die heutige Zeit, wie die Kuratorin findet: "Diese leeren Plätze haben auf einmal dieses Jahr eine unglaubliche Aktualität. Deswegen glauben wir: Es ist die richtige Ausstellung zum richtigen Zeitpunkt, denn auch wir sind ja konfrontiert mit unglaublich vielen, leeren, schönen aber auch unheimlichen Plätzen."
Vor gut 100 Jahren wütete statt Corona die Spanische Grippe in der Welt, an der damals auch de Chirico erkrankte. Es ist eine magische Ausstellung, die hier entsteht - jetzt heißt es nur noch: Daumendrücken für eine baldige Eröffnung.
Eigentlich sollte die De-Chirico-Ausstellung schon im Herbst in der Hamburger Kunsthalle gezeigt werden. Wegen der Corona-Pandemie wurde sie nun am 21. Januar digital eröffnet - kann aber nur virtuell besucht werden.
