"The Substance": Bissige Kritik an der Beauty-Gesellschaft

Stand: 20.09.2024 06:00 Uhr

Was passiert, wenn das Verlangen nach ewiger Jugend zur tödlichen Obsession wird? Dieser Frage geht der Film "The Substance" nach. Schauspielerin Demi Moore ist in der wohl besten Rolle ihrer Karriere zu sehen.

Szene aus dem Film "The Substance" © MUBI
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von Florian Schmidt

Gleich zu Beginn gibt es eine fabelhafte Sequenz, die in weniger als einer Minute den Weg vom einst strahlenden Star zur fast vergessenen Ex-Prominenten zeigt. Wir sehen Elizabeth Sparkles Hollywood-Stern auf dem berühmten Walk of Fame aus der Vogelperspektive - anfangs von Fans belagert und von Blitzlicht beleuchtet, mit den Jahren unbeachtet im Asphalt liegend, von herabfallendem Fast Food beschmutzt und von Rissen zersetzt.

Verjüngungskur mit Haken

Mittlerweile glänzt nur noch der Nachname, denn Sparkle, einst ein gefeierter Star am Promi-Himmel, wird von ihrem skrupellosen Chef Harvey aus ihrer eigenen Fitness-TV-Show geworfen. Auf dem Tiefpunkt ihrer Karriere angelangt, greift Elisabeth in ihrer Verzweiflung nach dem letzten Strohhalm: Eine mysteriöse Droge soll ihr zu neuem Glanz verhelfen.

Nach der ersten "Substance"-Spritze krümmt sich die nackte Elizabeth unter großen Schmerzen auf dem weiß gefliesten Badezimmerboden ihrer Luxuswohnung. Ihr Rückgrat scheint regelrecht aus ihr herauszubrechen, als sich ihr Körper entlang der Wirbelsäule öffnet und ihr zweites Ich aus ihr heraustritt: eine atemberaubende Mittzwanzigerin namens Sue, die von Margaret Qualley gespielt wird.

Doch natürlich hat die Sache einen Haken - die Substanz reicht immer nur für eine Woche, dann muss wieder getauscht werden: sieben Tage Sue, sieben Tage Elizabeth, ohne Ausnahme.

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Eine Person in blauem Bademantel steht in einem weiß gekachelten Bad vor einer Frau, die nackt auf der Seite liegt, ihr Rücken ist voller schwarzer Narben auf der Wirbelsäule (Szene aus "the Substance", einem Horrorfilm" © MUBI

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"The Substance": Nichts für Zartbesaitete

Man ahnt von Anfang an, dass dieses Spiel mit der Schönheit eine ungute Wendung nehmen und dass es unappetitlich werden wird - und das wird es auch. Dies ist kein Film für zartbesaitete Gemüter: Es spritzt das Kunstblut in Strömen, vor allem beim grotesken Finale des Films, das unnötig brutal inszeniert ist. Und auch die Verwandlung der Körper von Lizzy und Sue ist oft nur schwer zu ertragen.

Zum Glück gibt es immer wieder herrlich überzeichnete Auftritte einer eigentlich sehr klischeehaften Figur. Dennis Quaid gibt den schmierigen und frauenfeindlichen TV-Produzenten und wird meistens von einer ganz nah an sein Gesicht heranfahrenden Fischaugen-Kamera gefilmt, was einen besonders abstoßenden Effekt hat, wenn er sich zum Beispiel im Restaurant schmatzend die fettigen Shrimps ins Maul stopft - oder mit lüsternem Blick Sue ins Visier nimmt.

Oscarreife Performance von Demi Moore

Demi Moore ist in der wohl besten Rolle ihrer Karriere zu sehen. Sie spielt so überzeugend und mit einer so mutigen und uneitlen Bereitschaft, sich zu entblößen - sowohl emotional als auch physisch -, dass sie dafür durchaus mit einer Oscar-Nominierung bedacht werden sollte.

"The Substance" ist eine bissige Kritik an den unbarmherzigen Schönheitsnormen unserer Gesellschaft und dem ständigen Optimierungsdruck und Jugendwahn des Showbiz, den Demi Moore nur allzu gut kennt, über den sie in vielen Interviews gesprochen hat und der bei ihr sogar einige kosmetische Eingriffe zur Folge hatte. Umso bemerkenswerter nun also ihre schauspielerische Sternstunde.

The Substance

Genre:
Drama, Horror
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Vereinigtes Königreich, USA, Frankreich
Zusatzinfo:
mit Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid u.a.
Regie:
Coralie Fargeat
Länge:
141 Minuten
FSK:
ab 16 Jahren
Kinostart:
19. September 2024

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Der Morgen | 20.09.2024 | 07:50 Uhr

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