"Stateless" auf Netflix: Eine Serie, die wehtut
Durch die Corona-Krise ist es in unserer Wahrnehmung um die Situation der Flüchtlinge weltweit sehr ruhig geworden. Ab und an dringt eine Nachricht von Lesbos zu uns, aber mehr auch nicht. Schon gar nicht gibt es Neuigkeiten vom anderen Ende der Welt - aus Australien. Eine neue Serie auf Netflix ändert dies nun. Sie erzählt stellvertretend für die globale Flüchtlingskrise von der Situation in Australien. Als Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin mit dabei: Cate Blanchett.
"Stateless" sei für sie eine Herzensangelegenheit. Das betont Cate Blanchett im Gespräch immer wieder. Und bei der Eindringlichkeit ihrer Stimme und dem Blick mit den klaren, stechend blauen Augen kann man keine Sekunde daran zweifeln. "Stateless", also "staatenlos", ist eine sechsteilige Mini-Serie - produziert fürs australische Fernsehen mit einer internationalen Auswertung von Netflix. Blanchett und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen mit der Serie auf die australische Flüchtlingspolitik aufmerksam machen. Denn die ist in deren Augen unmenschlich.
Die sechs Folgen von "Stateless" erzählen fragmentarisch und umfassen vier Erzählstränge. Alle Fäden laufen in einem Flüchtlingslager in der australischen Wüste zusammen, schildern vier ganz unterschiedliche Perspektiven. Die Vielfalt sei ausschlaggebend gewesen, so Blanchett.
"Stateless" zeigt verschiedene Perspektiven auf die Flüchtlingskrise
"Das Thema ist brandaktuell und aufgeladen," erzählt die Schauspielerin. "Über Flüchtlinge auf hoher See zu sprechen war uns politisch zu brisant. Wir wollten verschiedene Perspektiven auf das Thema haben, nicht nur eine. Nicht nur die Perspektive von Leuten, die Asyl suchen, sondern auch von den Wärtern, den Leuten, die für die Politik verantwortlich sind. Wir haben auch die Perspektive einer Deutsch-Australierin. Mit ihr wollen wir alle Fäden zusammenbringen. Vor allem auch, dass Weiße ein Gespür dafür bekommen, dass Heimatlosigkeit auch ihnen passieren kann."
Eine deutsch-australische Stewardess, die versucht, einer Sekte zu entkommen. Ein afghanischer Flüchtling, der versucht, seine Familie zu retten. Ein australischer Vater, der als Wärter im Lager anfängt und eine Bürokratin, die versucht, ebendort einen Skandal zu vertuschen. Alle scheitern an einem Einwanderungssystem, das selbst zum Scheitern verurteilt ist. Viel Stoff, vier Schicksale, die in "Stateless" in knapp sechs Stunden erzählt werden.
Cate Blanchett: "Ich bin selbst Mutter, das ist herzzerreißend"
Die sechs Folgen "Stateless" erzählen konkret von der australischen Flüchtlingskrise, haben aber durch den multiperspektivischen Ansatz etwas Universelles. Blanchett, die hier als Autorin, Produzentin und Darstellerin fungiert, engagiert sich selbst seit Jahren bei der UN für Flüchtlinge und hat ihre Erlebnisse in Flüchtlingscamps in die Drehbücher einfließen lassen.
"Zu sehen, wie es den staaten- und heimatlosen Menschen in Flüchtlingslagern geht, können wir uns gar nicht vorstellen. Ihre Zukunft ist aufgeschoben. Vor allem die der Kinder," erklärt Blanchett. "Die durchschnittliche Aufenthaltszeit in Lagern ist um die 20 Jahre. Das ist mehr als die Dauer einer ganzen Kindheit. Daraus noch eine blühende Zukunft zu entwickeln, ist fast unmöglich. Ich bin selbst Mutter, das ist herzzerreißend."
In "Stateless" gibt es am Ende keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Alle sind auf der Flucht und haben Kostbares verloren. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Es ist eine Serie, die wehtut. Weil sie zeigt, was viele nicht sehen wollen.
