"One Night in Miami": Der Kampf nach dem Kampf
Der Film "One Night in Miami" wird als potentieller Kandidat für die Oscars gehandelt. Seit dem 15. Januar ist er auf Amazon Prime zu sehen.
Am 25. Februar 1964 schlägt der 22-jährige Cassius Clay seinen Gegner Sonny Liston in Miami. Cassius Clay, der sich kurze Zeit später in Muhammad Ali umbenennt, wird Schwergewichtsweltmeister und das will gefeiert werden. Am besten mit Freunden, die beim Kampf unter den Zuschauern saßen. So treffen sich in einem Hotelzimmer vier afroamerikanische Superstars, vier Ikonen der 60er-Jahre: Der radikale Bürgerrechtler Malcolm X, der Footballspieler Jim Brown, der Popsänger Sam Cooke und Cassius Clay. In einer Mischung aus Selbstironie und Größenwahn brüllt der junge Boxer seinen Sieg heraus. Die Party kann beginnen.
Fiktive Dialoge von vier afroamerikanischen Ikonen
Malcolm X hat in seinem Hotelzimmer jedoch weder für Getränke noch für Essen gesorgt und es gibt auch keine weiteren Gäste. Stattdessen lädt der Bürgerrechtler seine Freunde zu einem "Moment der Reflexion" ein. Schnell wird klar, worum es ihm wirklich geht. Um Agitation, um Überzeugungsarbeit, um die Rekrutierung seiner Freunde für den "Black Power"-Kampf. In ihrem Film erzählt die Regisseurin Regina King mit fiktiven Dialogen vom realen Zusammentreffen von vier afroamerikanischen Ikonen der 60er-Jahre.

Malcolm X wirft Jim Brown, Cassius Clay und Sam Cooke vor, mit ihren Erfolgen und ihrer Popularität der Sache der Weißen zu dienen. Sie seien Unterhalter und Tanzaffen. Vor allem auf Sam Cooke hat es der Bürgerrechtler abgesehen: Er verhöhnt ihn und fordert ihn heraus, behauptet, er habe keine eigene Stimme. Als Beweis legt der Bürgerrechtler einen Song von Cooke auf. Der Love-Song ist für Malcolm X Geplänkel, der Text leere Worte. Sam Cooke kontert: Er sieht sich als Inspirator, der als Künstler die Welt verändern kann. Mit seinem wirtschaftlichen Erfolg als Produzent sei er ein Vorbild für Schwarze, während er weißen Musikern wie den Beatles mit dem Verkauf von Coverversionen das Geld aus der Tasche ziehe.
"One Night in Miami": Spannende Handlung, statische Bilder
Regina Kings Film entwickelt sich zum Kammerspiel im Hotelzimmer. Manchmal sind die Kamera-Einstellungen zu statisch, wirken die Dialoge ein wenig mechanisch, was daran liegen mag, dass der Film auf einem gleichnamigen Theaterstück beruht, doch die Situation lädt sich langsam auf. Es kommt zur Konfrontation der Haltungen und Lebenshaltungen. Sam Cooke verteidigt sich immer entschlossener und beginnt Malcolm X und dessen Kirche, die Nation of Islam, anzugreifen. Der Bürgerrechtler wiederum steigert sich in einen missionarischen Ton hinein. Ihm geht es um eine Schlacht, in der man Position beziehen müsse: für Black Power, für alle die Afroamerikaner, die draußen auf der Straße umgebracht würden.
Regina King zeichnet ein Bild der 60er-Jahre
Regina Kings Film lässt allen Figuren Gerechtigkeit widerfahren, dem Agitator Malcolm X, dem stolzen Künstler Sam Cooke, den beiden Sportlern Cassius Clay und Jim Brown, die irgendwie dazwischen stehen. "One Night in Miami" ist auch Zeitbild der 60er-Jahre, ihrer Stimmung, ihrer Musik. Eine Rückblende zeigt Malcolm X bei einem Konzert von Sam Cooke. Als die Lautsprecher ausfallen, animiert Cooke das Publikum, ihn mit Geräuschen und Händeklatschen zu begleiten. Und man versteht, weshalb der Bürgerrechtler den Sänger auf seine Seite ziehen will. Cooke und seine Musik haben eine Kraft, die den Worten und Ideologien fehlt.
One Night in Miami
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2020
- Produktionsland:
- USA
- Zusatzinfo:
- mit Eli Goree, Kingsley Ben-Adir, Aldis Hodge, Leslie Odom Jr.
- Regie:
- Regina King
- Länge:
- 110 Min.
- FSK:
- ab 12 Jahren
