Aki Kaurismäki-Retrospektive in der arte-Mediathek
Den ganz eigenen Blick des finnischen Filmemachers Aki Kaurismäki auf die Welt und das Leben zeigt arte jetzt in einer Retrospektivemit fünf Filmen, die bis Ende April kostenlos online anzusehen sind.
Viel zu sagen gibt es nicht: Der erste Dialogsatz - nun ja, was heißt schon Satz - ist nach 13 Minuten zu hören: "Ein kleines Bier". Das sagt Iris, die Frau, die in der fast menschenleeren, lärmenden Halle der Streichholzfabrik für die Etiketten auf den Schachteln zuständig ist. Aki Kaurismäkis "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" von 1990 ist von einem radikalem Minimalismus oder auch von einer großen Kargheit.
Fünf Filme voller lakonischer Trostlosigkeit und Schlager
Als Iris ihren Bruder, einen Koch, um Geld bittet, stellt er ein Stück trockenes Brot mit ein paar Tomatenscheiben hin, gefolgt von einem lakonischen "Iss!". Keine Ausschweifungen gönnt sich Aki Kaurismäki in "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik". Die Gefühle, die dieser Film uns bietet, sind konzentriert, rein, trostlos.
Und ob der Schmerz darüber durch Iris' Giftmord an Mutter, Stiefvater, Aarne und dem Typen in der Bar gelindert werden kann? Unwahrscheinlich! Der letzte Schlager - einer von vielen, die in Kaurismäkis Film gesungen werden oder aus dem Radio oder der Jukebox kommen - hat die kitschige, aber ganz der Aura dieses Film verbundene Zeile: "Die Liebe ist unter deinem kalten, eisigen Blick verloren".
Kaurismäkis Filme: ein Spiel von Licht und Schatten

Über die Lakonie in seinem filmischen Universum sagte Aki Kaurismäki in Peter von Baghs Biographie einmal: "Es war jedoch interessant, im Laufe der Zeit zu bemerken, dass man eigentlich überhaupt keinen Dialog braucht. Der Film ist wirklich ein Spiel von Licht und Schatten." Vielleicht dann doch, wenn man das rein Visuelle verlässt und das mit dem "Licht und dem Schatten" ins Metaphorische treibt, eher Schatten, Dunkles, Trauriges, Verzweifeltes. Meist Geschichten über gesellschaftliche Außenseiter. Beispielsweise die über die Arbeitslosen in "Ariel - Abgebrannt in Helsinki", 1988 im Kino. Beispielsweise die über die Hungerkünstler in Paris in "Das Leben der Boheme" von 1992.
Oder - in "Der Mann ohne Vergangenheit" - über den Mann, der in Helsinki ankommt, überfallen wird, sein Gedächtnis verliert und bei den Armen und Schwachen Hilfe findet, unter anderem bei Irma von der Heilsarmee. Irma wird - wie auch das Mädchen aus der Streichholzfabrik oder die arbeitslose Frau in "Wolken ziehen vorüber" - gespielt von Aki Kaurismäkis Stammschauspielerin Kati Outinen.
"Leningrad Cowboys" fehlt in der Retrospektive
Fünf Aki-Kaurismäki-Filme sind bis zum nächsten April in der arte-Mediathek kostenlos zu sehen. Filme, gesättigt von Melancholie und Dunkelheit, aber auch von brachialem Humor und einer wunderbaren Liebe zu den Kinobildern. Und nicht zu vergessen: von viel, viel Musik.
Was zum einzigen Wermutstropfen bei dieser arte-Retrospektive mit den fünf Kaurismäkis führt: "Leningrad Cowboys", dieser Film über die Typen mit den irren Einhorn-Tollen und -Schuhen und ebensolcher Musik, die nach Amerika gehen, fehlt. Den gibt es nur auf DVD. Aber in dem 14 Minuten-Kurzfilm über die musikalischen Top 5 der Aki-Kaurismäki-Filme, der ebenfalls in der arte-Mediathek abzurufen ist, ist als Schmankerl ein kleiner Clip mit den "Leningrad Cowboys" zu hören, der ein wenig den Schmerz lindert.
