Michael Gofskie hält eine Godzilla-Figur in der Hand. © Michael Gofskie

Riesenechse in MV: Godzilla-Filme aus Boizenburg

Stand: 05.11.2024 06:00 Uhr

Vor 70 Jahren flimmerte der erste Godzilla-Film in Japan über die Leinwand. Heute dreht Michael Gofskie selber welche - mit der Handy-Kamera und ohne Budget. 1,5 Millionen Mal sind seine Videos auf YouTube schon aufgerufen worden.

Michael Gofskie hält eine Godzilla-Figur in der Hand. © Michael Gofskie
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von Carlo Ihde

Der kulturelle Einfluss dieser durch Radioaktivität mutierten Echse ist kaum zu unterschätzen. Schwere Blechbläserklänge machen seit sieben Jahrzehnten klar: Hier steigt gerade ein Monster aus den Fluten. Die Größe variiert durch die bisher fast 40 Filme, zwischen 50 und 120 Metern. Godzilla - das ist verkörperte Bedrohung. Aber den Filmen aus den 50er- bis 80er-Jahren ist auch ihre damalige Machart anzusehen. Schauspieler in Kostümen zertrampeln japanische Miniaturstädte in einem Studio.

Michael Gofskie: Fan seit frühester Jugend

Michael Gofskie liebt diesen Purismus: "Ich war vier. Meine Mutter hatte mich vom Kindergarten abgeholt, und weil sie später nochmal zur Arbeit musste, hat sie mich auf die Couch gelegt, den Fernseher angemacht und da lief 'Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer', von 1966. Und plötzlich war da so ein riesiger Berg und aus diesem Berg brach ein riesiger Dinosaurier, das war Godzilla. Das hat sich bei mir so eingebrannt."   

Seitdem ist der heute 37-jährige Boizenburger begeisterter Fan des Godzilla-Universums. 2017 wurde aus der Begeisterung ein zeitintensives Hobby. Michael Gofskie dreht Kurzfilme in Stopp-Motion-Technik, die optisch anmuten, wie die Klassiker der 60er- und 70er-Jahre. Dafür bestellt er sich im Internet Figuren mit beweglichen Gelenken von Godzilla und seinen Widersachern.  

Stopp-Motion-Technik: Zeitintensives Verfahren

"Stopp-Motion ist mit die älteste Film-Trick-Technik der Welt. Das ist quasi eine ellenlange Diashow, da werden tausende Bilder geschossen und das wird dann ganz schnell hintereinander abgespielt", erklärt Gofskie. "Ich hab jetzt hier den Arm ein bisschen bewegt, mache ein Foto. Bewege ihn immer einen kleinen Millimeter, mache ein Foto. Das geht über Wochen und Monate. Grob zehntausend Bilder später ist mein Film fertig."  

Im heimischen Schlafzimmer baut der gelernte Logistiker kleine Kulissen für die Kampfszenen - aus Pappe und Kunstrasen. Sein Material findet Michael Gofskie in Spielzeugläden und Baumärkten. Drehbücher gibt es nicht, die Ideen entstehen direkt beim Animieren. Und alles passiert mit dem Smartphone, von der Aufnahme bis zur Tonproduktion. Michael Gofskies erste Filme mit Godzilla und Gamera muten wie kleine Comedy-Clips an.

"Gamera ist eine Riesenschildkröte, und die beiden haben dann ganz viele - ich sag mal - Abenteuer erlebt. Es ging um Ruhestörung, es ging um Drogen, es ging um Pollen, Pollenallergie, oder Arachnophobie", berichtet der Godzilla-Enthusiast. Mit solchen Einfällen hat er sich eine große Fangemeinde aufgebaut, die auf seinem YouTube-Kanal jedes neue Video feiert. Ganz wichtig: die Geräusche. Ohne den typischen Godzilla-Schrei kommen auch Michael Gofskies Stücke nicht aus: "Man darf tatsächlich bis zu 15 Sekunden Original-Soundmaterial verwenden. Entstanden ist der Schrei, indem man über einen Kontrabass oder ein Cello mit einem Gummihandschuh gestrichen hat. Das hat man dann verschnellert und verlangsamt und dadurch ist sein Schrei entstanden", erklärt Gofskies.  

Adelsschlag für eine Riesenechse

Nachdem der deutsche Regisseur Roland Emmerich 1998 eine neue Version von "Godzilla" im Stile Hollywoods ins Kinos brachte, wurden die Geräusche moderner, der alte, ursprüngliche Schrei hatte ausgedient. Heute steigt kein Schauspieler mehr in ein Gummikostüm, Figuren und Effekte entstehen am Computer. 2015 gab es dann einen besonderen Adelsschlag für das Monster, der NDR berichtete:  

"Japan hat einen neuen Ehrenbürger, es handelt sich um keinen Geringeren als den König aller Monster ..."   O-Ton aus NDR Bericht über Japans neuen Ehrenbürger

Tokio wirbt seitdem offensiv mit der Kunstfigur um Touristen, schließlich darf mittlerweile jeder die Riesenechse lieben. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich Godzilla gewandelt, verteidigt immer häufiger die Menschheit gegen die richtig bösen Schurken. Auch Monster haben manchmal ihr Gutes. In dieser Woche jährt sich die Kinopremiere des ersten Godzilla-Films zum 70. Mal. Und die japanischen Toho-Studios sind bekannt dafür, zum Jubiläum einen kleinen Film zu veröffentlichen. Fans dürfen gespannt sein.  

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 05.11.2024 | 19:05 Uhr

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