Filmszene aus: "Once Upon A Time...in Hollywood" © 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

"Once Upon A Time In Hollywood": Tarantinos Märchen der 60er

Stand: 26.03.2023 09:50 Uhr

2019 lief Quentin Tarantinos Film "Once Upon A Time In Hollywood" mit Leonardo DiCaprio und Brad Pitt in den Kinos. Es ist seine Ode an das Hollywood der 60er-Jahre.

von Katja Nicodemus

Detailverliebt setzt er die Umbruchzeit Hollywoods der damaligen Epoche in Szene.

Seit jeher konnte Tarantino Stars so inszenieren, wie man sie noch nie gesehen hatte. Ihre Prominenz und ihr Image werden in etwas anderes verwandelt. Tarantino bringt die Essenz, das Wesen seiner Stars auf die Leinwand, er legt sie gleichsam bloß und überhöht sie - zu reinen Kinofiguren. Im Film "Once Upon A Time In Hollywood" ist es eine Freude, dabei zuzusehen, wie er mit Brad Pitt und Leonardo DiCaprio umgeht. DiCaprio spielt einen abgehalfterten Westerndarsteller der 60er-Jahre. Dieser Rick Dalton hat ein von den Saufgelagen des Vorabends ewig verquollenes Gesicht.

Leonardo DiCaprio als weinerlicher Westernheld

Filmszene aus: "Once Upon A Time...in Hollywood" © 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Abgehalftert und selbstverliebt: Der ehemalige Westernheld Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) steht vor dem Ende seiner Karriere.

Dalton hält sich für den Größten und dabei für völlig verkannt. Er ist eitel, selbstmitleidig, weinerlich, wenn er sich morgens von seinem Stuntman-Double zum Filmstudio kutschieren lässt. Am Steuer sitzt Cliff Booth, Rick Daltons Stuntman, aber eben auch dessen Chauffeur und Lebensassistent. Brad Pitt spielt diesen ambitionslosen Typen mit unendlicher Coolness. Zwei Filmschaffende, die unter der gleißenden kalifornischen Sonne durch das Hollywood der auslaufenden 60er-Jahre gondeln.

Dieses Setting inszeniert und rekonstruiert Tarantino mit großer Liebe und Detailversessenheit: Von den Cadillacs, die mit ihren Haifischflossen durchs Bild fahren, über poppige T-Shirts bis hin zum dekorativen Transistorradio im Garderobenwohnwagen von Rick Dalton. Überall sieht man Filmposter. Ständig laufen in Daltons Bungalow im Fernsehen die Western jener Jahre. Auch die Nachbarn von DiCaprios Figur entspringen ganz dem Geist jener Hollywood-Zeit.

"Once Upon A Time In Hollywood" spielt mit den Manson-Morden

Sharon Tate, die Schauspielerin, die hochschwanger von der sogenannten Manson-Sekte ermordet wurde, wird gespielt von Margot Robbie. In einer kleinen Nebenfährte folgt der Film dieser Figur. Aber man versteht nicht so recht, was Tarantino an Tate interessiert. In seinem Film legt sie in ihrem Bungalow hin und wieder Platten auf und besucht Kinos, in denen gerade ihre Filme laufen. Und weshalb sind die Zeilen, die Tarantino ihr in den Mund legt, so uninteressant? Da bleiben wir doch lieber bei den Jungs, mit denen Tarantino deutlich mehr anfangen kann - vor allem mit Brad Pitt und dessen natürlicher Coolness.

Einmal nimmt Cliff Booth auf dem Weg zur Arbeit eine Anhalterin mit, der wir später am Wohnort der Manson-Sekte wieder begegnen werden. Ein kurzer Flirt als Abgesang auf das alte Hollywood.

Lange wenig Action, ein Gewaltexzess am Ende

Lange mäandert Tarantinos Film dahin, zwischen Rick Daltons Bungalow, Cliff Booth' Autofahrten und kleinen Vorkommnissen beim Dreh jener altmodischen Cowboy-Filme. Könnte nicht vielleicht doch mal was passieren? Immerhin deutet ein Kurzauftritt von Al Pacino als Produzent an, wie und wo es mit dem Western weitergehen wird: in Italien nämlich.

Nach mehr als zwei Stunden entsteht der Eindruck, dass Tarantino sich zu sehr auf seinen beiden Hauptdarstellern ausruht, dass die 60er-Jahre für ihn ein schöner Vorwand für coole Szenen und schöne Ausstattung sind. Um aus der erzählerischen Sackgasse herauszukommen, inszeniert er einen finalen Gewaltexzess. Diese Gewalt ist roh, sadistisch und pseudo-cool. Und letztlich ist sie Ausdruck der Ratlosigkeit eines Regisseurs, der großartig inszenieren kann, aber nicht mehr weiß, was er mit seinen Bildern erzählen soll.

Weitere Informationen
Der später wegen mehrfachen Mordes verurteilte US-Kriminelle Charles Manson wird 1969 zur Anklageverlesung im Zusammenhang mit dem Mord an der Schauspielerin Sharon Tate und weiterer gebracht. Als Sektenführer stiftete Charles Manson seine Anhänger zu einer brutalen Mordserie an. © Uncredited/AP/dpa

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Durch die sogenannten Tate-Morde am 9. August 1969 wurde Charles Manson schlagartig berühmt. Sechs Menschen starben bei dem Massaker. mehr

Once Upon A Time In Hollywood

Genre:
Komödie
Produktionsjahr:
2019
Produktionsland:
USA
Zusatzinfo:
mit Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie, Al Pacino, Michael Madsen, Damian Lewis, Kurt Russell, Timothy Olyphant
Regie:
Quentin Tarantino
Länge:
162 Min.
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
15. August 2019

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kultur | 14.08.2019 | 06:40 Uhr

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