"Nawalny" im Kino: Showman mit Galgenhumor
Daniel Roher hat Alexey Nawalny nach dem Giftanschlag bis zu seiner Rückkehr nach Russland begleitet. Die inszeniert wirkende Doku "Nawalny" zeigt ihn als absoluten Medienprofi, über den Menschen erfährt man nichts.
Im August 2020 wird der russische Oppositionelle Alexej Nawalny mit einem tödlichen Nervenkampfstoff vergiftet, und überlebt - allen Widrigkeiten zum Trotz. In Deutschland wird er behandelt und erholt sich, findet heraus, wer seiner Meinung nach hinter dem Anschlag steckt, und kehrt trotz aller Warnungen nach Russland zurück. Der kanadische Filmemacher Daniel Roher hat Nawalny während seiner Genesung bis zu seiner Rückkehr nach Russland begleitet.
Gleich zu Beginn des Filmes wird der Ton klar gesetzt, nicht der Regisseur scheint hier zu entscheiden, was er macht, Nawalny selbst gibt Anweisungen.
"Nawalny": Ein Dokumentarfilm, der inszeniert wirkt
Er sitzt dabei an einem Tisch und spricht direkt in die Kamera. Und obwohl es sich um einen Dokumentarfilm handelt, wirkt doch alles inszeniert. Der Mann ist ein absoluter Medienprofi, überhaupt nicht kamerascheu, und das ist vielleicht eines der Probleme.
Nawalny organisierte diverse, öffentlichkeitswirksame Aktionen als Kämpfer gegen Korruption in seiner Heimat. Dabei wurden mehrere Demonstranten festgenommen, auch Nawalny selbst, wegen angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht.
Über den Menschen Nawalny, woher er kommt, welche Beweggründe ihn antreiben, erfährt man in diesem Film so gut wie nichts. Es wird auch fast nichts hinterfragt, "Die Causa Nawalny" wäre der passendere Titel gewesen. Und die ist und bleibt unglaublich.
Nach der ersten Interviewszene gibt es einen Kulissenwechsel. Aus der Vogelperspektive geht es in den verschneiten Schwarzwald. Mit dramatischer Musik, man könnte sich in einem James Bond-Film wähnen.
Alexej Nawalny - Showman mit Galgenhumor
Der Staatsfeind Nummer eins ist ein Showman mit Galgenhumor. Er lacht über seine eigene Vergiftung, betreibt auch im Exil und während seiner Genesung mit seinem Team einen Video-Blog. Dadurch wird die Dokumentation stellenweise ausgesprochen unterhaltsam.
Spannend ist es, wenn Nawalny vor laufender Kamera mit den mutmaßlichen Drahtziehern des Anschlages auf ihn telefoniert. Er spricht persönlich mit Männern, von denen er glaubt, sie seien mit seiner Beseitigung beauftragt. Wahrscheinlich sind nicht viele Menschen dazu in der Lage.
Der selbsternannte Kämpfer gegen Korruption gibt niemals auf. Bei seiner Rückkehr nach Russland wird er direkt am Flughafen verhaftet. Heute befindet sich Alexej Nawalny in Lagerhaft. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis.
Das Schicksal Alexej Nawalnys hatte weltweit sehr viel Aufmerksamkeit erlangt. Die Welt wartet weiter auf Antworten. Und das unter mittlerweile ganz anderen Vorzeichen
Nawalny
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Produktionsland:
- USA
- Regie:
- Daniel Roher
- Länge:
- 99 Minuten
- FSK:
- ab 6 Jahre
- Kinostart:
- 5. Mai 2022
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Dokumentarfilm
