"Joker": Joaquin Phoenix als psychopathischer Clown
Auf dem Filmfestival von Venedig hat der Film "Joker" des Regisseurs Todd Phillips die wichtigste Auszeichnung gewonnen: den Goldenen Löwen. Die Hauptrolle des Films, der die Vorgeschichte zu "Batman" erzählt, spielt Joaquin Phoenix. Für die Rolle wird er bereits als sicherer Oscar-Kandidat gehandelt.
Hupen, Chaos, Müllberge in den Straßen von New York alias Gotham City, die ratternde, mit Graffitis bedeckte Subway - und mittendrin dieser Clown, der zu Klavierklängen tanzt, mit seinem Werbeschild, seinem halb naiven, halb verstörenden Grinsen. Dann, wie aus dem Nichts, der Überfall: Eine Clique Jugendlicher entreißt dem Clown das Schild.
"Joker": Vorgeschichte zu den Batman-Filmen
Dieser Angriff ist der erste und er ist nur einer von vielen. Denn Arthur Fleck, der mit seiner kranken Mutter in einem heruntergekommenen Apartmenthaus wohnt und der die Welt eigentlich nur zum Lachen bringen will, wird von der Welt gemobbt. Von seinen Kollegen in dem kleinen Entertainment-Unternehmen, von besoffenen Wall-Street-Bankern in der U-Bahn oder auch von jener Gruppe Jugendlicher eben, die es nicht bei einem harmlosen Streich belässt, sondern Arthur Fleck mit dessen Holzschild zusammenschlägt.
"Joker" von Todd Phillips ist die Geschichte einer Brutalisierung und Entmoralisierung. Wir sehen einen geschlagenen, geschundenen Menschen mit schwerem Kindheitstrauma. Den Mann, der zu Batmans späterem Gegenspieler wird. Ein extrem abgemagerter Joaquin Phoenix spielt ihn mit schmerzverzerrtem Lachen.
Durch Mobbing wird aus einem Clown der "Joker"
Dieses Lachen hält Arthur Fleck einer brutalen, aus Gullys dampfenden Stadt entgegen. Immer neue große und kleine Zwischenfälle treiben den psychisch angeschlagenen Arthur aus der Gesellschaft, zu der er nie gehörte, heraus - und hinein in die Gewalt. In diesem New York der 80er-Jahre wird es schon als Belästigung empfunden, wenn Arthur Fleck im Bus einen kleinen Jungen mit Grimassen zum Lachen bringt.
Nach dem Zwischenfall mit der Jugendgang verliert Arthur den Job als Reklame-Clown. Weil das Gesundheitswesen zusammengestrichen wird, bekommt er keine Medikamente mehr gegen seine Psychose. Die Sozialarbeiterin, bei der er hin und wieder zum therapeutischen Gespräch erscheint, verliert ihre Stelle.
Robert De Niro als abgefuckter Talkmaster
Allzu deutlich sehen wir die Katastrophe am Horizont. Doch scheint sich Arthurs großer Traum zu erfüllen: Ein Auftritt in einer Fernseh-Show, in der ein großartig abgefuckter Robert De Niro als Comedian dumpfe Pointen reißt - und sich über einen Videoauftritt von Arthur Fleck lustig macht.
Immer wieder ist da dieses unkontrolliert aus Arthur herausbrechende Lachen, das auch ein Weinen, Wimmern, Schreien ist. Lacht er uns aus? Lacht er der Hölle entgegen? Sein dünner, fast rachitischer Körper scheint permanent unter Spannung zu stehen, wie ein Blitzableiter, der nicht den Weg zur Erde findet. Oder bringt der unverhoffte Auftritt in der Comedy-Show die Erlösung und Katharsis?
Joaquin Phoenix spielt den Joker großartig
Kein Zweifel: Joaquin Phoenix' Darstellung des Joker ist groß, virtuos, verstörend. Doch hat Todd Phillips' Film auch etwas Unbefriedigendes. Allzu zwangsläufig arrangiert er die Ereignisse, die aus dem gebeutelten Clown ein Monster machen.
Letztlich lässt der Film offen, ob es "reale" Ereignisse sind, die den Joker zum Joker machen - oder ob es sich um Wahnvorstellungen aus Arthur Flecks paranoider Psyche handelt. Man kann das ambivalent und komplex nennen. Man könnte aber auch sagen, dass dieser Film keine Haltung zu seiner Figur und zur Welt einnimmt - und dass er sich mit immer neuen doppelten Böden virtuos aus der Affäre zieht.
Joker
- Genre:
- Fantasy
- Produktionsjahr:
- 2019
- Produktionsland:
- USA, Kanada
- Zusatzinfo:
- mit Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Frances Conroy
- Regie:
- Todd Phillips
- Länge:
- 122 Min.
- FSK:
- ab 16 Jahren
- Kinostart:
- 10. Oktober 2019
