Europäischer Filmpreis: Deutsche Hoffnungen Rogowski und Speth
Franz Rogowski ist als bester Schauspieler für "Große Freiheit", Regisseurin Maria Speth mit ihrem Dokumentarfilm "Herr Bachmann und seine Klasse" für einen Europäischen Filmpreis nominiert. Die Gala findet am 11. Dezember in Berlin statt.
Am Sonnabend wird in Berlin der Europäische Filmpreis verliehen, aufgrund der Corona-Lage in hybrider Form. In zwei Kategorien ist Deutschland mit am Start: in der Kategorie Schauspiel und Dokumentarfilm.
"Herr Bachmann und seine Klasse": Nominiert für "Bester Dokumentartfilm"
"Herr Bachmann und seine Klasse" geht ins Rennen als bester Dokumentarfilm. "Wenn ich ein Drehbuch schreibe, dann versuche ich sozusagen die Wirklichkeit nochmal zu überprüfen, gehe an Orte, spreche mit Menschen, um einfach in eine Thematik tiefer einzutauchen, mir ein Bild zu machen, ein Gefühl für den Stoff zu bekommen", sagt Maria Speth, die Autorin, Regisseurin und Produzentin von "Herr Bachmann und seine Klasse". Drei Jahre hat sie an der Dokumentation über eine 6. Schulklasse und ihren engagierten Lehrer im hessischen Stadtallendorf gearbeitet. Herausgekommen ist einer der berührendsten Dokumentarfilme der letzten Jahre. Bei Herrn Bachmann lernen die Schüler fürs Leben.
Regisseurin Maria Speth - eine geduldige Beobachterin

Ihr Handwerk hat die 1967 im bayrischen Tittling geborenen Maria Speth von der Pike auf gelernt. Sie nahm Schauspielunterricht, arbeitet als Schnitt und Regie-Assistentin, bevor sie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf studierte. Die Filmemacherin hat Spielfilme wie "Madonnen" mit Sandra Hüller und Dokumentationen wie "9 Leben" über obdachlose Jugendliche gemacht.
Sie ist eine geduldige Beobachterin, die ihren Blick gern auf Menschen richtet, die sonst nicht im Mittelpunkt stehen - eigenwillige, unbeugsame Charaktere. "Das ist etwas, wozu ich eine Affinität habe: ein Augenmerk und den Fokus auf die Fähigkeiten und nicht auf die Defizite zu legen. Da deckt sich auch der Ansatz von Herrn Bachmann und mein filmischer", so Speth.
Franz Rogowski - Autodidakt spielt oft verschlossene Charaktere

Die Fähigkeit, eine Figur zum Leben zu erwecken, muss jeder Schauspieler von Berufs wegen mit sich bringen. Bei Franz Rogowski ist sie besonders ausgeprägt, wenn es um verschlossene, geheimnisvolle, verträumte, ebenso starke wie verletzliche Figuren geht.
Das hat der Autodidakt in Filmen wie "Lux - Krieger des Lichts", "In den Gängen" oder der Anna-Seghers-Verfilmung "Transit" gezeigt: "Ich versuche, verschiedene Sachen zu spielen, bin aber begrenzt als Spieler. Ich kann ja nur verschiedene Anteile von mir benutzen für die Figur und versuche da vorsichtig zu sein, auszusuchen, auch mal etwas nicht zu machen und zu schaffen", sagt Rogwoski. Damit wolle er auch überraschen, etwas anderes erzählen, nicht immer nur das gleiche spielen, so der Schauspieler, der nun für seine Leistung in Sebastian Meises Drama "Große Freiheit" nominiert ist. Darin spielt er Hans, der wegen seiner Homosexualität erst von den Nazis ins Konzentrationslager und später in der Bundesrepublik wegen des Paragraphen 175 ins Gefängnis gesteckt wird. Die Produktion lief als Eröffnungsfilm beim Filmfest Hamburg Ende September 2021 - und zuvor beim Filmfest Cannes im Juli.
Franz Rogowski wollte Fahrradkurier werden
Der Sohn eines Kinderarztes und einer Hebamme wollte eigentlich Fahrradkurier werden, entschied sich dann für eine Tanzausbildung und ist nun ein gefeierter Schauspieler am Theater und im Kino. Franz Rogowski war Deutscher Shooting Star 2018, erhielt den Deutschen Filmpreis als bester Hauptdarsteller und konkurriert nun - unter anderem mit Anthony Hopkins (für "The Father") - um die Auszeichnung beim Europäischen Filmpreis.

Für ihn ist der ganze Rummel manchmal überwältigend. Seine Familie und Freunde nehmen es gelassen, wie er sagt: "Die freuen sich für mich und sind stolz, dass der Franz jetzt so schöne Sachen machen darf." Vielleicht können sich der Franz und seine Familie am Wochenende über einen weiteren, schönen Preis freuen. Das Team von "Große Freiheit" konnte sich bereits in den Kategorien beste Kameraführung und beste Filmmusik beim Europäischen Filmpreis durchsetzen.
Über Crystel Fourniers Auszeichnung für die Kamerarbeit für "Große Freiheit" schrieb die Jury in ihrer Begründung: "[Sie zieht] den Zuschauer in die Enge der Gefängniszelle hinein, verweist aber gleichzeitig auf die Offenheit und Freiheit des Geistes." Den jazzigen Soundtrack des Dramas von Nils Petter Molvær und Peter Brötzmann lobt das mit Fachleuten aus der Branche besetzte Gremium als "eine elegante und doch anregende Feier der freien Improvisation und des Aufbegehrens; des Jazz, der Widerstandfähigkeit und der Solidarität."
