Corona - als Fernseh-Film-Thema uninteressant?
Natürlich ist Corona aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken, aber so mancher hat sicher schon gedacht, es nicht mehr hören oder sehen zu können. Da ist es doch erfreulich, wenn es wenigstens die geschützte Sofa-Zone gibt, in der man sich ganz dem Eskapismus hingeben und beim Zuschauen gewissermaßen wegschauen kann. Corona ist in fiktionalen Fernsehfilmen und Serien derzeit (noch) kein Thema.
Das Virus, die Pandemie und die uns umgebenden Auswirkungen sind in Fernsehfilmen und Serien vergleichsweise selten zu sehen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, in denen Corona explizit thematisiert wird. Mehrheitlich aber sitzen Menschen eng zusammen in Restaurants, umarmen sich zur Begrüßung und laufen ohne Masken durch die Straßen. In der Folge "Requiem für einen Freund" mit Jan Josef Liefers als Anwalt Vernau aber gab es zum Beispiel eine Szene im wie ausgestorben wirkenden Berliner Abgeordnetenhaus:
"Ich hab hier keinen Vermerk, 15:00 Uhr Lobby im Abgeordnetenhaus, das ist doch hier ...Ist nicht viel los hier- ja, die meisten machen Homeoffice." Filmzitat
Homeoffice - bald nicht mehr nur für die Pandemiezeit typisch
Homeoffice, menschenleere Gebäude, ist das nicht ein inhaltlich klarer Bezug zur Realität, die andererseits nicht abgebildet wird? Einer der Produzenten des Films, Dietrich Kluge, sieht das nicht: "Homeoffice gibt es ja nicht erst seit gestern. Das mache ich seit zehn Jahren. Das war vorher aber eine Nische, jetzt betrifft es aber ziemlich viele Leute. Das heißt, der Arbeitsalltag wird sich nach Corona für sehr viele Leute verändern. Das heißt, wenn wir jetzt im Film Homeoffice drin haben, dann empfinden wir das vielleicht im Moment als einen expliziten Hinweis. Ich wette aber, wenn wir den Film in zwei Jahren anschauen, dann wird uns das alles viel selbstverständlicher vorkommen."
Ein Fernsehprojekt dauert zwei Jahre
In zwei Jahren, wer weiß wie unsere Realität dann aussieht? Tatsache ist, so lange dauert es, bis ein Fernsehprojekt vom Anfang bis zur Fertigstellung abgeschlossen ist. Wann dann gesendet wird steht auch nicht immer fest, und dann soll ja wiederum kein veraltet wirkender Film gezeigt werden. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Studio Hamburg Production Group Michael Lehmann erinnert sich an Gespräche, die zu Beginn der Pandemie geführt wurden: "Als wir es diskutiert haben, haben wir es negativ diskutiert. Da haben wir gesagt, was passiert denn eigentlich, wenn unsere fiktionalen Projekte, die vielleicht ja auch erst in anderthalb Jahren auf dem Schirm laufen, wollen wir dann eine alte Realität darstellen? Da haben wir uns dagegen entschieden, haben gesagt, nein, wir gehen davon aus, dass in anderthalb Jahren die Realität wieder ohne Maske ist, und haben dementsprechend alles versucht, die Maske außen vor zu halten in der bildlichen Gestaltung unserer Projekte."
Eine Auszeit von Corona beim Fernsehen - noch
Zumindest im heimischen, fiktionalen Fernsehen können sich die Zuschauer also bis auf Weiteres eine Auszeit gönnen. Die Macher hinter den Kulissen aber denken natürlich schon darüber nach, was sie - buchstäblich - in der Zukunft auf dem Schirm haben sollten. Denn, aus der Perspektive von heute sei es "ganz extremst wichtig", sich mit dem Philosophischen, das hinter Corona steht, auseinanderzusetzen, so Lehmann.
Laut Lehmann ist konkret eine Serie von Einzelfilmen aus sehr persönlicher Perspektive in Arbeit: "Dort haben wir wirklich die besten Regisseure und Regisseurinnen und Autorinnen und Autoren Deutschlands zu Erfahrungen aus der Coronazeit erfragt. Daraus entstehen gerade ganz persönliche, ich würde mal sagen Kurzgeschichten, wie wenn man das im Roman erzählen würde."
Hauptsächlich in Telenovelas, die eine kürzere Drehbuchentwicklungs- und Realisationsphase haben, wie "Liebe: jetzt" ist schon jetzt viel von unserem Alltag abgebildet und thematisiert. Die großen Serien und Fernsehfilme dazu aber entstehen erst jetzt.
