Der Tenor Klaus Florian Vogt als Tannhäuser auf der Bühne der Hamburger Staatsoper in der Oper  "Tannhäuser" © Markus Scholz/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Markus Scholz

Jubelstürme und Buhkonzert für "Tannhäuser"-Premiere in Hamburg

Stand: 25.04.2022 09:56 Uhr

Heftige Reaktionen in der Hamburgischen Staatsoper auf die "Tannhäuser"-Premiere am Sonntag: Jubel gab es für Star-Tenor Klaus Florian Vogt in der Titelrolle und die anderen Sängerinnen und Sänger. Die Inszenierung kam nicht so gut weg.

von Daniel Kaiser

Am Ende springen viele von ihren Sitzen auf: Jubelstürme für Klaus Florian Vogt, dessen unverwechselbarer, strahlend-lyrischer Tenor im Laufe des Abends immer stärker wurde. Er gestaltet diesen Tannhäuser in T-Shirt und Turnschuhen, der nirgendwo richtig reinpasst, mit Körper und Stimme, mit Musik und Witz.

Klaus Florian Vogt zeigt seine Vielseitigkeit an der Hamburgischen Staatsoper

Der Tenor Klaus Florian Vogt als Tannhäuser und die Chorsänger auf der Bühne der Hamburger Staatsoper in der Oper  "Tannhäuser" © Markus Scholz/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Markus Scholz
Klaus Florian Vogt als Titelheld und die US-amerikanische Sopranistin Jennifer Holloway als Elisabeth in "Tannhäuser" singen in der Hamburger Staatsoper auf der Bühne.

Und Vogt kann auch komisch: Als sein Tannhäuser von der Pilgerreise in Rom und der Begegnung mit dem Papst erzählt, spielt und klingt er wie Joseph Ratzinger. Herrlich! Sein Tannhäuser sucht die wahre Liebe. Er sitzt im Venusberg, einem erotischen Südsee-Paradies mit Palmen, Bananenstauden, vielen Kindern, und auch ein schwangerer Teenager ist zu sehen. Fruchtbarkeit ist allgegenwärtig im üppigen Bühnenbild von Monika Pormale.

Ein Hirsch hockt im Unterholz. Aber der Held langweilt sich, träumt schlecht (wie eine Video-Collage von Rudolfs Baltins während der gesamten Ouvertüre zeigt) und will zurück ins normale Leben. In der unwirtlichen Realität, einer betont kargen Felslandschaft, werden die Hirsche jedoch geschossen und geschlachtet und dienen bei High-Society-Partys nur noch als Trophäen-Tischdeko mit rot leuchtenden Zombie-Augen.

"Tannhäuser": Subtil ist unter der Regie von Kornél Mundruczó wenig

Das Regie-Team um Kornél Mundruczó geht bei den Bildern und Ideen auf Nummer sicher: gechilltes, naturnahes Kommune-Leben im Venusberg contra steifer Oberschicht-Sektempfang beim Sängerfest auf der Wartburg. Tannhäuser schneidet den erlegten Hirschen die Kehle durch. Das Blut fließt in große Eimer. Subtil ist bei diesem Tannhäuser wenig. Wenn die Operntexte zu tümelnd werden, laufen einfach kurz Betrunkene zur Auflockerung durchs Bild. Der Pilger-Chor trägt als Erkennungszeichen allen Ernstes grüne Leuchtkreuze in den Händen. So kommt das ausgewachsene Buhkonzert für das Regieteam am Ende wenig überraschend.

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Starkes Sängerinnen und Sänger-Ensemble

Sehr beglückend dagegen die Sängerinnen und Sänger: Wenn Christoph Pohl als Wolfram von Eschenbach "O du, mein holder Abendstern" singt, gehört das zu den berührenden Momenten des Abends. Sinnlich, wuchtig, phänomenal: Tanja Ariane Baumgartner als Göttin Venus, Herrin der Dschungel-Kommune. Und Jennifer Holloway kann als Elisabeth mehr als nur "Dich teure Halle grüß ich wieder" schmettern und bringt den Taumel von der Reinheit zum Wahnsinn wunderbar zum Klingen.

Buhs für Generalmusikdirektor Kent Nagano

Deutlich vernehmbare Buhs gibt es allerdings auch für den Generalmusikdirektor Kent Nagano. Das ist eher ungewöhnlich. Allerdings wackelt der Orchesterklang tatsächlich hier und da, und auch die Holzbläser haben keinen richtig guten Tag erwischt. Zum Finale setzt die plakative Regie noch einen letzten Holzhammer-Effekt: Während auf der Bühne eine riesengroße, rätselhafte Phallus-Pflanze erblüht und leuchtet, singt der Pilgerchor den Tannhäuser-Ohrwurm ("Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden") im Zuschauerraum. Im Fortissimo. Natürlich.

 

Richard Wagner: "Tannhäuser"

Romantische Oper in drei Akten
Libretto von Richard Wagner nach der Volksballade "Tannhauser"
und der Sammlung "Sängerkrieg auf der Wartburg"

Tannhäuser: Klaus Florian Vogt
Landgraf Hermann: Georg Zeppenfeld
Wolfram von Eschenbach: Christoph Pohl
Walther von der Vogelweide: Daniel Kluge
Biterolf: Levente Páll
Heinrich der Schreiber: Jürgen Sacher
Reinmar von Zweter: Martin Summer
Elisabeth: Jennifer Holloway
Venus: Tanja Ariane Baumgartner
Ein Hirt: Florian Markus

Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Ltg.: Kent Nagano

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Jubel gab es für Star-Tenor Klaus-Florian Vogt, die Inszenierung an der Staatsoper kam nicht so gut weg.

Datum:
Ende:
Ort:
Staatsoper Hamburg
Große Theaterstraße 25
20354  Hamburg
Telefon:
040 35 68 68
Hinweis:
Romantische Oper in drei Akten, Libretto von Richard Wagner nach der Volksballade "Tannhauser" und der Sammlung "Sängerkrieg auf der Wartburg"
Tannhäuser: Klaus Florian Vogt
Landgraf Hermann: Georg Zeppenfeld
Wolfram von Eschenbach: Christoph Pohl
Walther von der Vogelweide: Daniel Kluge
Biterolf: Levente Páll
Heinrich der Schreiber: Jürgen Sacher
Reinmar von Zweter: Martin Summer
Elisabeth: Jennifer Holloway
Venus: Tanja Ariane Baumgartner
Ein Hirt: Florian Markus
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Ltg.: Kent Nagano
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 25.04.2022 | 06:40 Uhr

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Oper

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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