Martinowitschs "Revolution" feiert Premiere in Hamburg
Viktor Martinowitschs Roman "Revolution" fand 2021 viel Beachtung. Am Hamburger Schauspielhaus hat der tschechische Regisseur Dušan David Pařizek nun den Stoff auch auf die Bühne gebracht.
Der blaue Anzug sitzt, die Frisur auch. "Ich heiße Michail, Michail Alexejewitsch German, und ich bin Moskauer." Selbstsicherheit klingt anders, und das liegt nicht nur daran, dass der junge Architekturdozent eigentlich aus Belarus stammt. Nervös blickt er sich um, als er die schmale, hell ausgekleidete Bühnenschachtel betritt. Nicht mehr lang, und sein Leben wird tatsächlich aus den Fugen geraten.
"Revolution": Diskursabend bei dem das Ensemble begeistert
Nach einem mysteriösen Autounfall stehen nämlich plötzlich immense finanzielle Forderungen im Raum, und beinahe im gleichen Atemzug finden sich neuen "Freunde", die Michail das Geld zur Verfügung stellen wollen.
Ernst Stötzner spielt den Vorsitzenden dieser Gruppe, herrlich arrogant im schrill-lässigen Jogginganzug, dazu eine Brille wie eine Waffe. Politik, sagt er, sei etwas für Idioten. Er will Macht. Denn wer die Macht hat, so sein Credo, hat das Sagen, kann andere unter Druck setzen oder verführen - oder beides zugleich.
Raffiniertes Spiel mit Licht und Videoprojektionen
"Nur wer sich wirklich unterzuordnen vermag, der kann später auch herrschen", fordert er und Michail folgt, verlässt sogar seine Freundin. Ihr, der geliebten Olja, erzählt er in dieser Bühnenfassung seine Geschichte, die kein gutes Ende nimmt. Aus den Fängen der Macht gibt es kein Entrinnen, selbst wenn es so scheint. Die hellen Wände sind fest geschlossen. Sie weiten sich zwar im Laufe des Abends nach hinten, aber dahinter ist eine neue Schachtel und dann: nichts.
Durch ein raffiniertes Spiel mit Licht und Videoprojektionen schafft Dušan David Pařizek trotzdem immer wieder neue Räume. Der Regisseur hat die Bühne selbst entworfen und rahmt so das Geschehen. Das tut der Erzählung gut, denn "Action" gibt es kaum.
Hauptdarsteller Daniel Hoevels mit unglaublicher Energie
"Revolution" ist in erster Linie ein Diskursabend, sehr klug in Szene gesetzt, aber pur, fast streng. Trotz etlicher Slapsticknummern und der teils comic-haften Kostümierung: So tragen die "Freunde" alle - außer dem Vorsitzenden - graue Rauschebärte, die bei Bedarf auf den Kopf wandern, dazu schrankbreit gepolsterte Schultern.
Das Ensemble begeistert. Daniel Hoevels wirft sich geradezu hinein in Michail. Er trägt den dreistündigen Abend mit einer unglaublichen Energie. Dass Dušan David Pařizek auf aktuelle Anspielungen verzichtet, das Publikum selbst denken lässt, ist ein weiterer Pluspunkt. Alles fügt sich gut bei dieser "Revolution". Am Ende viel Applaus - auch für den strahlenden Autor Viktor Martinowitsch.
Martinowitschs "Revolution" feiert Premiere in Hamburg
Der Roman "Revolution" fand 2021 viel Beachtung. Nun hat ihn der tschechische Regisseur Dušan David Pařizek in Hamburg auf die Bühne gebracht.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ort:
-
Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Kirchenallee 39
20099 Hamburg
Schlagwörter zu diesem Artikel
Theater
