Das fetzt: Bergmans "Szenen einer Ehe" am Schauspiel Hannover
Ingmar Bergmans "Szenen einer Ehe" kommt immer wieder auf norddeutsche Bühnen. Nun feiert das Kammerspiel am Schauspiel Hannover Premiere.
Gibt es einen Weg, sich mit seinem Ehepartner zu streiten, ohne ihm oder ihr eine Szene zu machen? Dieser Frage ging der schwedische Regisseur Ingmar Bergman 1973 in "Szenen einer Ehe" mit Liv Ullman und Erland Josephson nach. Es ist ein Kammerspiel im Film, das immer wieder auf die Bühne kommt, in Norddeutschland zuletzt in Göttingen am Deutschen Theater und ab Freitagabend am Schauspiel Hannover. Warum also ist der Stoff so beliebt?
Sie: "Ich muss mit dir über etwas reden, du musst nicht erschrecken, es ist nichts Ernstes." Er: "Es hört sich aber bedrohlich an."
Ehe-Konzept auf dem Prüfstand
Es ist die Eröffnung eines Paargesprächs, die nichts Gutes verheißt. Marianne und Johan, nach außen ein glückliches Paar mit zwei Kindern, das im Hochglanzmagazin sein Leben präsentiert, hat eine Menge Probleme. Er hat sich in eine junge Studentin verliebt, sie lässt sich von einer Mandantin inspirieren, die scheinbar grundlos die Scheidung eingereicht hat. Für den Intendanten des Deutschen Theaters Göttingen, Erich Sidler, ein klassischer Stoff, aktuell auch heute.
"Ich glaube, Bergman stellt subversiv die Frage, ob die Ehe tatsächlich die Lebensform ist, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird, beziehungsweise diesen Bedürfnissen entspricht", findet Sidler und ergänzt: "Oder, ob es eben auch andere Vereinbarungen braucht."
Körperliche Entfremdung als Konsequenz
Welche Vereinbarungen das sein könnten, das untersucht in Göttingen der 30-jährige Regisseur Moritz Franz Beichl, der Stoffe oft mit einem queer-feministischen Fokus betrachtet. Reduziert auf zwei Paare, die Bühne recht leer mit viel Raum für Auseinandersetzung und Sprechtheater. Stephan Kimmig am Schauspiel Hannover hingegen lässt Bewegungen sprechen. Inspiriert von Bergmans Äußerung über seinen letzten Film Sarabande 2003, in dem sich die Protagonisten von einst nach 30 Jahren wiedersehen, lässt er tanzen statt reden.
"Am Ende der Worte steht dann oft das Schweigen, wenn man nicht weiterkommt. Und wir wissen alle, wie entsetzlich schwierig es ist, in Beziehungen mit Worten Dissensen, die da sind, Abstände oder gar Gräben, aus der Welt zu schaffen und sie zu 'entkonflikten'", sagt Kimmig und fügt hinzu: "Und dann ist schonmal eine körperliche Nähe das tägliche Training, auch überhaupt Annäherungen durch einen Körper, durch eine Berührung. Die sind in dieser Pandemiezeit auch ein bisschen verloren gegangen."
Privates gleitet in Politisches
Auf die Idee brachte Stephan Kimmig eine Reise nach Argentinien vor ein paar Jahren. Er sei eines Tages in einem Saal auf einem Hinterhof gelandet, wo ganz unterschiedliche Menschen in Stille und Würde die Nacht durchtanzten, was auf ihn demokratisch wie achtsam gleichermaßen wirkte. Auch für die Intendantin des Schauspiels Hannover ist der Bergman-Stoff aktuell. Nicht zuletzt, weil das Private bekanntermaßen immer auch das Politische ist, sagt Sonja Anders: "Es ist fast wie ein Beispiel für eine Therapie. Man kann diesen Film wirklich als einen zutiefst privaten Krieg oder eine Auseinandersetzung betrachten, die dann aber - und das werde ich nicht müde zu sagen - immer auch politisch ist, weil sie ganz viel über unseren Umgang miteinander erzählt und mit dem, wie wir miteinander in Auseinandersetzung umgehen."
Was bleibt am Ende des Lebens von einer geschiedenen Ehe, was haben sich die einstigen Geliebten noch zu sagen? Das untersuchte Ingmar Bergman am Ende seines Schaffens in Sarabande. "Ich hatte den Eindruck, dass du nach mir gerufen hast“, erklärt Marianne ganz einfach auf Johans Frage, warum sie gekommen sei. Wie würde man das in Tanzsprache übersetzen?
Das fetzt: Bergmans "Szenen einer Ehe" am Schauspiel Hannover
Der Film "Szene einen Ehe" von 1973 ist ein Klassiker. Am Freitag feiert das Stück am Schauspiel Hannover Premiere.
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