Hamburger Musical-Produzent Christian Berg ist tot
Der Hamburger Schauspieler Christian Berg ist am Montag im Alter von 55 Jahren nach langer Krankheit jetzt doch überraschend in Cuxhaven gestorben. Seit Jahrzehnten hat er mit seinen Musicals Kleine und auch Große begeistert. Ein Nachruf.
Frech, poetisch, politisch und anarchisch waren seine Stücke, von denen er viele gemeinsam mit Konstantin Wecker produziert hat.
Seine Stücke waren Kult. Alle immer auch ein bisschen schräg und neben der Spur. Da war nichts glatt gebügelt. Das merkte man schon an den Titeln: "Das Gespenst von Canterville", "Bambi, das Waldical" oder "Das Phantom von Opa".
Christian Berg hat mehr als 30 Familienmusicals produziert
Mehr als 30 Familienmusicals hat Christian Berg produziert und stand auch immer selbst mit auf der Bühne - oft in schrillen Kostümen. Man spürte: Das war seine Berufung. "Der Kinderfuzzi zu sein, ist schon ziemlich toll; der, an den die Kinder glauben, und dem sie eher mal folgen als den Dingen, die ihre Erwachsenen ihnen erzählen."
Besonderer Spirit bei Aufführungen
Aufführungen mit Christian Berg hatten immer einen leicht widerborstigen, frechen, anarchischen Charme. Er liebte es, mit den Kindern im Publikum zu improvisieren. Als Pinocchio setze er sich mal im Hamburger CCH an die Bühnenkante und fragte die kleinen Zuschauer: "Wurdet Ihr auch schon mal von Euren Eltern verkloppt?" Schockstarre bei den Erwachsenen!
Genau dieser Spirit, der die Kinder ernst nimmt, machte das Besondere von Christian-Berg-Produktionen aus. Die Kinder haben das gespürt und ihn immer ganz selbstverständlich geduzt. "Konstantin Wecker hat mal gesagt, die Kinder meinen, dass ich ein Kind bin, das sich verkleidet hat. Sie glauben nicht, dass ein Erwachsener so bekloppt sein kann", begründete Berg seinen besonderen Draht zum Publikum.
Familien-Soundtrack und Lieder mit Konstantin Wecker

Viele Kinder kennen alle seine Lieder, die er mit Konstantin Wecker, Paul Glaser oder Jan-Christof Scheibe geschrieben hat. Auch die Eltern können nach langen Autofahrten schon einiges mitsingen. Zuletzt kamen mehrere Generationen zu seinen Musicals. "Und da bekomme ich auch Geschichten erzählt. Man hört unsere Lieder auch auf Beerdigungen. Wir gehören zum Leben der Menschen dazu", erzählte Berg nicht ohne Stolz.
Der geborene Clown
Christian Berg war der geborene Märchenmacher und Geschichtenerzähler - ein Clown von Anfang an. "Als ich drei war, kam ich an der Hand meines Vaters aus dem Zirkus und habe meiner Mutter gesagt: 'Ich werde Clown.‘'Meine Mutter musste mir Kostüme nähen, und als ich dann sechs war, eröffnete ich meinen ersten Kinderzirkus. Die Kinder mussten auf Gemüsekisten, die wir bei EDEKA geklaut haben, sitzen und 30 Pfennig zahlen", erinnerte er sich an seine Erweckung.
Erst Zirkus, dann Durchbruch mit der Tigerente
In Bad Oeynhausen geboren ging Christian Berg mit 16 zum Zirkus, zog als Clown von Stadt zu Stadt und lernte das Unterhaltungshandwerk von der Pike auf. In Hamburg besuchte er auch die Schauspielschule, strebte aber nie nach den hohen Weihen des Regietheaters. "Meine Vorbilder waren Michael Schanze und Hermann van Veen." Er trat in Kneipen für zehn Mark und ein freies Essen auf. Christian Berg tingelte mit Musicals und Kleinkunst durchs Land, "bis ich in einem Hotelbett lag nachmittags und den Tigerenten-Club schaute. Da lief 'Janosch', und ich dachte: 'Warum hat daraus noch niemand ein Musical gemacht?' Da habe ich beim Verlag angerufen. Die Antwort: 'Uns noch niemand gefragt.'"
"Oh wie schön ist Panama" wird Christian Bergs Durchbruch. Er schreibt ein Kinderstück nach dem nächsten. Finanzen sind jedoch nicht seine Stärke. Er vertraut den Falschen. Sein Tourneetheater geht pleite. Die schlimmste Zeit seines Lebens sei das gewesen, sagt er. "Ich habe monatelang auf der Couch gelegen und auf die Decke gestarrt. Die Krise war ein Augenöffner und hat dann wieder ein bisschen zur Menschwerdung beigetragen." Mit Hilfe von Theatermachern wie Michael Lang und Axel Schneider kam er wieder auf die Beine.
Volle Theater bis zum Schluss - Christian Berg stirbt mit 55 Jahren
Christian Berg hatte sich schnell wieder erholt und schrieb ein schräges, wunderbares Kinderstück nach dem nächsten, dazu noch Märchenbücher - wie das über die männliche Fee Rumpelröschen. Zuletzt feierte er im Dezember mit seinem Weihnachtsmärchen "Die Schöne und das Biest" in der Komödie Winterhuder Fährhaus wieder große Erfolge.
Die Uraufführung seines "Hamburger Dschungelbuchs" in der kommenden Woche, ein Projekt, das wegen Corona immer wieder verschoben werden musste, erlebt er nun nicht mehr. Reich wird man als "Kinderfuzzi" nicht. Und Revolutionen löst man nicht aus. Das war ihm immer klar. "Aber ich bin vielleicht der, an den man sich erinnert und denkt: Mensch, Christian Berg hat gesagt: 'Sei mutig! Steh' zu Dir! Glaub' an Dich!' Mehr will ich gar nicht."
