Sendedatum: 28.11.2010 17:40 Uhr

Guido Mangold - Fotografien

von Mathias Heller

Mit Texten von Ulrich Pohlmann und Christiane Breustedt

Willy Brandt, Uschi Obermeier und der legendäre Hausmeister der Folkwang-Schule in Essen Herr Scharrenberg, haben eins gemeinsam: Sie alle haben in die Linse des Fotografen Guido Mangold geblickt. Mangold, Jahrgang 1934, renommiert und bewundert, hat deutsche Fotografie-Geschichte geschrieben. Diese versammelt der Schirmer/Mosel Verlag im Bildband "Guido Mangold - Fotografien".

Mit Uschi fing's an

Sie war das "Mädchen allein in Afrika" die Titelgeschichte vor 42 Jahren 1968 in der Zeitschrift twen: Uschi Obermaier. Noch nicht bekannt, noch nicht angehimmelt von zahllosen Teenies, Kommunarden und Rockstars, lag sie am dunklen Strand von Kamerun mit Kindern und alberte. Die Bilder machten sie schlagartig berühmt - ihren Fotografen Guido Mangold auch. Dabei war er in der Branche kein Unbekannter.

Die fotografische Allzweckwaffe

Er arbeitete Anfang der 60er-Jahre für die Illustrierte "Quick" als Fotoreporter und berichtete aus der ganzen Welt. Später reiste er für den "Stern" herum. Für die Bildredaktion war er (Zitat) "eine fotografische Allzweckwaffe, ein visuelles und situatives Chamäleon".

Der zu einer Ausstellung in München konzipierte Bildband, versammelt die Höhepunkte seiner Arbeiten - von 1958 bis heute. Angefangen mit Mangolds Darstellungen von der Industrielandschaft des Ruhrgebiets - mit seinen grafischen Elementen wie Schornsteine, Förderbänder oder Fabrikanlagen im Gegensatz zur chaotisch wirkenden Natur mit den blattlosen Bäumen oder ablaufenden Schlammflächen.

Fotografie aus dem Leben

Schnell wird seine große Stärke im Buch sichtbar. Bilder mitten aus dem Leben und ganz dicht dran. Dabei sind sie oft durchdacht, entstehen alles andere als zufällig, wie bei der Beerdigung von John F. Kennedy in Arlington 1963.

"Für mich war das Allerwichtigste, dass ich eine bestimmte Nachtmaschine am Tag der Beerdigung kriege", so erinnert sich Guido Mangold. "Am Tag davor habe ich den Friedhof genau in Augenschein genommen, um mich optimal zu positionieren. Dann bin ich mit meinen Equipment so weit gerannt wie ich nur konnte, um möglichst schnell wegzukommen und nicht im Gedränge stecken zu bleiben. In dem Moment, als bei der Beerdigung der Sarg in der Erde war, bin ich also losgerannt und wir hatten tatsächlich freie Fahrt zum Flughafen."

In Bildern erzählte Geschichte

Ebenso eindringlich sind seine Bilder vom Staatsbesuch der Königin Elisabeth II. in Bonn im Mai 1965. Er schmuggelt sich als einziger Fotoreporter zum Empfang ins Schloss Brühl - heute undenkbar. Er macht Fotos, die auch heute noch zu atmen scheinen. Augenblicke zeitloser Lebendigkeit, wie bei den Portraits von Georg Baselitz, Joseph Beuys oder Werner Herzog. Mangolds technisches Können ist so unsichtbar perfekt, dass es den Geschichten hinter seinen Blicken faszinierend viel Raum lässt - und das bei jedem Umblättern.

Und so wird das leider zu kleine und zu schmale Buch zu einem großen Schatz wunderbarer Fotokunst mit Bildern die bereits Geschichte geschrieben haben aber immer noch fähig sind, Geschichten zu erzählen.

Fotografien 1958 bis heute

von Mangord, Guido und Pohlmann, Ulrich / Breustedt, Christiane
Seitenzahl:
120 Seiten
Genre:
Bildband
Verlag:
Schirmer/ Mosel, 160 Seiten, 90 Abbildungen
Bestellnummer:
978-3829604 666
Preis:
36,00 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 28.11.2010 | 17:40 Uhr

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