"Der Mann aus London": Graphic Novel über Alfred Hitchcock
"Der Mann aus London" ist eine Graphic Novel, die von den ersten 40 Jahren im Leben von Star-Regisseur Alfred Hitchcock, der sich zunächst in Großbritannien einen Namen machte, erzählt.
Genies sind oft nicht ganz einfache Menschen. Das galt auch für Alfred Hitchcock. Bis heute gibt es Geschichten darüber, wie er seine Schauspieler, vor allem seine Schauspielerinnen, schikaniert haben soll. Dem Interesse an ihm hat das keinen Abbruch getan: Es gibt zahllose Bücher und Filme über den Star-Regisseur. Und nun auch eine Graphic Novel, einen Comic-Roman.
Alfred Hitchcock wird exakt getroffen
Sympathisch war er nicht: Die Augen immer halb geschlossen, mit diesem Blick, als würde er alles und jeden missbilligen. Den Rücken durchgestreckt, den immensen Bauch vor sich her tragend. Wer Aufnahmen des echten Alfred Hitchcock kennt, bemerkt sofort, dass die Macher dieser Graphic Novel ihn perfekt getroffen haben. Im Buch fragt Schauspieler Cary Grant ihn, ob er denn mal untreu gewesen sei. "Cary, es gibt zwei verschiedene Kategorien in der Welt", lautet die Antwort: "Exhibitionisten und Voyeure. Ich … bin ein Voyeur." Was Hitchcock bis heute auch immer wieder vorgeworfen wird.
Wenig Gefühl, viel Arroganz
"Der Mann aus London" erzählt, wie er sich schon als Kind wenig um die Gefühle anderer Menschen schert. Statt mit anderen Kindern zu spielen, liest er lieber die Polizeiberichte über Mord und Totschlag in der Zeitung. Schnell arbeitet er sich in der britischen Filmszene nach oben. Und von Anfang an ist da diese Arroganz.
"Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf, Mr. Keen. Folgen Sie einfach meinen Anweisungen." - "Es ist unmöglich." - "Doch es ist möglich - weil ich es so will." Leseprobe
Die Zeichnungen sind, passend zur Filmmode der 20er-, 30er- und 40er- Jahre, schwarz-weiß. Es sind hochrealistische Bilder. Nicht nur Hitchcock ist exakt getroffen, sondern auch Cary Grant, Grace Kelly oder Peter Lorre. Als seien sie von einem Paparazzo mitten im Gespräch fotografiert worden.
Die wichtigsten Stationen in Hitchcocks Leben
Nach und nach werden die wichtigsten Stationen in Hitchcocks Leben erzählt. Wie er seine Produzenten ignoriert, wie er Texte berühmter Autoren einfach zusammenstreicht. Immer wieder gibt es frontale Ansichten von Hitchcock, leicht untersichtig. So wird er imposanter, respekteinflößender. Man versteht: Wer soll diesem Mann widersprechen?
"Einmal organisierte ich ein Dinner, bei dem alle Lebensmittel blau gefärbt waren. Doch vor einem Streich schreckte ich zurück. Ich wollte eine alte Schauspielerin engagieren, um bei einem Empfang die Rolle meiner Mutter zu spielen." - "Warum haben Sie diesen Scherz nicht gemacht?" - "Zu gefährlich. Ein Gast mit Respekt vor Müttern könnte mir eine reinhauen." Leseprobe
Dumme Scherze auf Kosten anderer hat er geliebt. Man sieht sich dieses Buch an und kann sich nur wundern, wie so ein seltsamer Mann so erfolgreich werden konnte. Sein cineastisches Genie ließ viele Menschen über seine schroffe Art hinwegsehen. Es gibt aber auch eine zarte Seite an ihm. Seine Frau Alma, mit der er 54 Jahre verheiratet war, ist eine der wenigen, denen er, zumindest hin und wieder, zuhört. Seine Tochter Patricia ist für ihn immerhin "ein Musterkind".
Hochamüsanter Band über einen kuriosen Helden
"Der Mann aus London" ist der erste Teil einer zweibändigen Geschichte. Ende der 30er-Jahre geht Hitchcock nach Hollywood. Im zweiten Band, dessen Veröffentlichungsdatum noch nicht feststeht, geht es um sein Leben in Amerika. Dieser erste Band ist hochamüsant, denn Hitchcock ist ein kurioser Held. Es ist ihm total egal, was andere Leute denken. Autor Noël Simsolo und Illustrator Dominique Hé haben keine Heiligsprechung des Regisseurs geschaffen. Man sieht diese fast mythische Figur der Filmgeschichte als das, was sie ist. Als Mensch mit großen Talenten und vielen, vielen Fehlern.
Alfred Hitchcock: Der Mann aus London
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Graphic Novel
- Verlag:
- Splitter
- Preis:
- 24 €
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