Yücels Rücktritt als PEN-Präsident: Abgang eines Gernegroß
Der Eklat auf der Jahrestagung des PEN ist noch größer ausgefallen, als von Vielen befürchtet. Trotz gewonnener Vertrauensabstimmung ist Deniz Yücel zurückgetreten. Ein Kommentar.
Strich drunter! Mund abputzen! Weitermachen! Was Deniz Yücel und der PEN da gerade miteinander erlebt haben, ist ein Tiefpunkt ihrer Geschichte. Ihrer beider Geschichten. Der PEN wollte sich mit einem großen Namen schmücken: Deniz Yücel, der zwar weder Poet noch Essayist oder Novellist ist, wofür PEN ja steht, aber als Journalist ist er immerhin ein Mann des Wortes. Und wegen genau dem - dem frei ausgesprochenen Wort in einer freien Presse war er fast ein Jahr lang unfrei, ohne Anklage, ohne Perspektive, in türkischer Haft.
Wer, wenn nicht er, stünde also für die Freiheit des Wortes - die Grundfesten des PEN, für die der Schriftstellerzusammenschluss seit 100 Jahren kämpft. Eine Vereinigung, bei der man sich nicht um Mitgliedschaft bewirbt. Der PEN beruft seine Mitglieder. Und so hat er es eben für klug gehalten, Deniz Yücel zu berufen. Aber das hat sich schon im vergangenen Oktober als fatal erwiesen.
Yücel als selbsternannte "Galionsfigur" des PEN
Wäre Yücel eines unter 770 berufenen, belesenen, schreibenden Mitgliedern des deutschen PEN-Zentrums geblieben, ein unzweifelhaft symbolträchtiges - alles hätte gut werden können. Für beide Seiten.
Doch das lässt Yücels Ego nicht zu. Und das hätte man beim PEN durchaus wissen können: Frühere Kollegen bei der "taz" oder heutige bei der "Welt" berichten einhellig: Ein Teamplayer ist Deniz Yücel nie gewesen, eher ein eitler Egomane.
Dass es schon kurz nach seinem Amtsantritt als PEN-Präsident krachte, dass es laut wurde, herrisch, beleidigend, diffamierend, durfte nicht überraschen. Wenn Yücel sich selbst jetzt in ungebrochenem Selbstbewusstsein wieder und wieder als die "Galionsfigur des PEN" bezeichnet, ja, sich bei der Tagung in Gotha als Geschenk für den PEN stilisiert, der es ja eigentlich gar nicht nötig habe, sich dafür zu engagieren: "Take it or leave it, PEN" - dann zeugt das von genau dem schlechten Stil, den er im PEN von Anfang an an den Tag gelegt hat.
PEN sollte zu alter Stärke zurückfinden
Wenn er den PEN als "Bratwurstbude" bezeichnet, für die er keine Galionsfigur sein wolle, und dessen Mitglieder in der Mehrheit als "Wichtigtuer und Selbstdarsteller" - dann fällt das in einer Art auf ihn selbst zurück, die schon fast etwas Erheiterndes hat: Wichtigtuer, Selbstdarsteller. Für den PEN heißt es nun: aus dem Fehler "Yücel" lernen, ein neues Präsidium aufstellen, zu alter Stärke zurückfinden, den Kampf für das freie Wort fortsetzen! Strich drunter! Mund abputzen! Weitermachen!
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