Für Krimi-Fans: Neuerscheinungen mit überraschenden Wendungen
Auch im neuen Jahr stellt die Literaturredation von NDR Kultur besonders gelungene, wirklich spannende Krimi-Neuerscheinungen vor. Etwa "Schweig" von Judith Merchant und "Stadt der Mörder " von Britta Habekost.
Dieses Mal geht es um einen Roman aus Schweden, um eine Geschichte aus dem Paris der 1920er-Jahre und den neuen Bestseller von Judith Merchant.
Die deutsche Autorin Judith Merchant hat 2019 mit ihrem Psychothriller "Atme!" einen veritablen Bestseller geschrieben und auch "Schweig!" hat das Zeug dazu. Die Autorin inszeniert ein beklemmendes Kammerspiel in einem einsamen Haus im Wald, am Tag vor Heiligabend. Esther besucht dort ihre jüngere Schwester Sue, die nach einer Trennung und der Kündigung ihres Jobs allein lebt. Sue hat psychische Probleme, Esther wirkt übervorsorglich und grenzüberschreitend. Und je länger der Abend dauert - Esther kann wegen eines Schneesturmes nicht zurück - umso mehr Wahrheiten und Geheimnisse aus der Vergangenheit kommen auf den Tisch. Und schließlich führt ein Wort zum anderen und die Situation eskaliert.
Judith Merchant lässt ihre Protagonistinnen abwechselnd zu Wort kommen und als Leserin fragt man sich, wem man Glauben schenken kann. "Schweig!" ist gekonnt erzählte, düstere Spannung mit einigen überraschenden Wendungen.
"Stadt der Mörder " von Britta Habekost macht Lust auf Bilder von Salvador Dalí
Einen großartigen Schauplatz hat Britta Habekost für ihren Roman geschaffen. Es geht ins Paris des Jahres 1924. Dort wird im Dezember die übel zugerichtete Leiche eines jungen Adligen gefunden. Inspektor Julien Vioric wird von seinem Bruder, dem Polizeipräfekt, mit der Aufklärung des Mordes beauftragt. Als wenig später ein weiterer Toter auftaucht, geht Vioric von einem Serientäter aus. Zur gleichen Zeit irrt Lysanne, eine junge Frau vom Lande, auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester durch Paris. Sie lernt den geheimnisvollen Dichter Louis Aragon kennen und wird von ihm in die wilde Szene der Surrealisten eingeführt. Bald zeigt sich, dass Lysanne in großer Gefahr und zudem der Schlüssel zur Lösung des Falls ist.
Britta Habekost schreibt sehr ausdrucksstark und bildgewaltig, manchmal poetisch, dann wieder brutal realistisch. Ihr Paris ist eine Stadt voller Gewalt, Vergnügungssucht und Hysterie. Den Kriminalfall fügt sie geschickt in diese Szenerie ein.
"Auf Tod komm raus" von Anna Karolina - ein Krimi ohne Schnickschnack
Leider ist der Titel "Auf Tod komm raus" hanebüchen und hat absolut nichts mit der Geschichte zu tun. Glücklicherweise ist die aber gut erzählte, sehr solide Krimikost. Am Weihnachtsabend wird in Stockholm die Zwillingsschwester von Nicolas Moretti ermordet. Der wacht Stunden später neben der Leiche auf und kann sich an nichts erinnern. Da er aber in Panik vom Tatort geflohen ist, wird Moretti des Mordes verdächtigt. Angela Köhler, Staranwältin der Stadt, übernimmt seine Verteidigung und setzt Ebba Tapper als Privatermittlerin ein. Tapper musste wegen eines Vergehens die Polizei verlassen und ist seither dem Alkohol etwas zu sehr zugetan. Aber auch Anwältin Köhler hat eine sehr dunkle Seite und verbirgt das eine oder andere Geheimnis.
"Auf Tod komm raus" ist keine verschachtelte Story mit zigfachen Erzählsträngen und unübersichtlichem Personal. Anna Karolina erzählt vielmehr sehr stringent und psychologisch nachvollziehbar. Ihre Protagonistinnen und Protagonisten sind fehlbare Menschen, die Ermittlungsarbeit ist komplex, aber spannend. Und das Ende ist, nicht selbstverständlich in Kriminalromanen, wirklich überraschend.
