Mann mittleren Alters mit verschränkten Armen im blauen Oberteil (der Schriftsteller Uwe Tellkamp) © picture alliance / Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa | Sebastian Kahnert Foto: Sebastian Kahnert

Uwe Tellkamp: Ein Autor, der polarisiert

Stand: 07.06.2022 12:40 Uhr

Über Uwe Tellkamps Roman "Der Schlaf in den Uhren" wurde im Vorfeld viel spekuliert. Im Mai ist die Fortsetzung seines Romans "Der Turm", der 2008 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, erschienen.

von Katja Weise

Nach 14 Jahren hat Uwe Tellkamp einen Nachfolger zu seinem Roman "Der Turm" veröffentlicht: "Der Schlaf in den Uhren". Im Vorfeld ist bereits viel über das Buch spekuliert worden. Zum einen, weil es eine Art Fortsetzung des Bestsellers "Der Turm" ist. Zum anderen weil der Autor in den vergangenen Jahren durch politische Äußerungen für Aufsehen gesorgt hat. Das haben andere wie zum Beispiel Monika Maron auch, doch der "Fall Tellkamp" hat eine besondere Brisanz. Das zeigt sich auch daran, dass gleich etliche Medien die Sperrfrist brachen und schon vor der Veröffentlichung ausführliche Rezensionen brachten. Vielen galt Uwe Tellkamp als legitimer, literarischer Nachfolger von Thomas Mann, gefeiert zunächst 2004 als Gewinner des Ingeborg-Bachmann Preises - mit einem Text, der den gleichen Titel trägt wie der Roman: "Der Schlaf in den Uhren".  2008 folgte der Deutsche Buchpreis für "Der Turm", der lang erwartete, große Nachwenderoman, prominent verfilmt, vielfach übersetzt, ein Bestseller.

Tellkamps Aussagen zum Umgang mit Flüchtlingen

Die Erfolgsgeschichte hätte weitergehen können. Doch spätestens 2018 wendete sich das Blatt. Bei einer turbulenten Diskussion mit dem Dichter Durs Grünbein in Dresden äußerte sich Tellkamp kritisch zum Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland, die meisten flöhen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern "um in die Sozialsysteme einzuwandern". Außerdem beklagte er, dass Menschen, die diese Meinung verträten, in Deutschland herablassend behandelt würden. Als einer der Ersten hatte er die "Charta 2017" unterzeichnet, einen offenen Brief der mit ihm befreundeten Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen. Auslöser dafür waren die Kritik an der Anwesenheit neurechter Verlage auf der Frankfurter Buchmesse und die teils heftigen Reaktionen darauf. Uwe Tellkamp unterstützte auch die "Gemeinsame Erklärung 2018", in der verschiedene Autoren, Publizisten, Künstler und Wissenschaftler sich gegen eine "Beschädigung Deutschlands" durch "illegale Masseneinwanderung" aussprachen.

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Suhrkamp Verlag distanziert sich von den Äußerungen Tellkamps

Der Suhrkamp Verlag, bei dem Tellkamps Bücher erscheinen, distanzierte sich von den Äußerungen seines Autors, die Haltung sei "nicht mit der des Verlags zu verwechseln." Tellkamp selbst reagierte teilweise mit Unverständnis, sprach von einer Verzerrung der Worte und Begriffe und einer unangemessenen "Moralisierung der Debatte": Er müsse sich nicht - vorzugsweise von zugezogenen Westdeutschen - darüber belehren lassen, was er zu denken habe und was nicht. "Das ist nämlich das eigentliche Problem, die Moralisierung der Debatte." Ein weiteres Problem ist aus seiner Sicht, dass es in den Medien immer weniger Platz für abweichende Meinungen gebe. Einem Journalisten der FAZ warf er bei einer Veranstaltung in Dresden vor, in der Redaktion seiner Zeitung säßen "viel zu viele Leute, die links-grün bevorzugen." In 'Der Schlaf in den Uhren' überspitzt er diese Haltung satirisch: Alle Medien werden in dem Roman von einer Nachrichtenagentur kontrolliert. Doch hat Tellkamp durchaus von den heftig kritisierten Medien profitiert: Regelmäßig hat er seit 2012 lanciert, dass er an einer Fortsetzung seines Bestsellers 'Der Turm' schreibe und so die Spannung aufrecht gehalten.

Zu "Der Schlaf in den Uhren" ist schon im Untertitel ebenfalls eine Fortsetzung angekündigt: "Archipelagus I". Tellkamps Credo: "Aufgeben gibt es nicht."

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Uwe Tellkamp sitzt auf einer Bank © picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert Foto: Sebastian Kahnert

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 16.05.2022 | 16:00 Uhr

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