Zehn Vinyl-Schätze und die (persönlichen) Geschichten dahinter
Der NDR Kultur Musikredakteur hat ein paar Alben aus seinem Schallplatten-Regal gezogen und erzählt, was sie ihm bedeuten. Mit dabei: Pink Floyd, die Beatles, Bruce Springsteen und David Hasselhoff.
1 | 12 Meine stark abgegriffene Fassung von Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" ist gleichzeitig auch eines meiner größten Heiligtümer: Da wären zunächst die Songs. "Time" mit den rasselnden Uhren, oder "The Great Gig In The Sky", "Us And Them"…hach. Da ist es mir völlig egal, dass Seite A schon enorm rauscht und kratzt. Denn: Diese Platte habe ich mir exakt so gekauft, im Auslandsemester 2007, bei einer Schallplattenbörse in Manchester für exakt einen britischen Pfund. Inklusive eines genervt schauenden Plattenverkäufers (gut, die gucken ja eigentlich alle so). Bis heute bin ich froh über den Kauf: Es gibt wohl kaum ein ikonischeres Plattencover als "Dark Side Of The Moon". Ein Lichtstrahl, der sich an einem Prisma bricht - ein Meilenstein. Frei nach Blumfeld: Mystery, Hysterie und History, das alles auf dieser Platte.
2 | 12 Apropos Mond: In den 90er-Jahren habe ich mal irgendwo gelesen, dass zu den (nur) zehn Alben, die man zum Mond mitnehmen dürfte, unbedingt "Moon Safari" von Air dabei sein sollte. Das kann ich voll und ganz unterschreiben: Auch wenn ich "La Femme D’Argent" bis heute nicht unfallfrei aussprechen kann, der Opener des Debütalbums des französischen Duos ist so treibend, lässig, packend… ein Traum. Und das war dann auch nur der erste Song, unaufgeregte Hits wie "All I Need" oder "Kelly Watch The Stars" kommen dann ja noch. Psychedelisch, entspannt - ein Album, in das man sich reinlegen möchte. Daher läuft die Platte bei mir zuhause wöchentlich. Und sieht sie nicht fantastisch aus?
4 | 12 Vielleicht gibt es bessere Platten von Prince (zum Beispiel "Sign O‘ The Times"). Eigentlich ist es fast egal, was sonst außer "Purple Rain" noch auf dem Album drauf ist (natürlich nicht: "When Doves Cry" -das ist schließlich auch enthalten). Die Frage, die sich mir beim Anblick des Covers stellt: Warum so ein hässliches Motorrad? Warum ist es Lila? (Jaja, der Song "Purple Rain", ich hab’s auch verstanden. Funfact: Die Lieblingsfarbe von Prince Rogers Nelson war Orange.) War das Fahrzeug eine Extra-Anfertigung? Schließlich war der Künstler ja nur 1,57 Meter groß. Fragen über Fragen, trotzdem sind Song und Album fantastisch, wie eigentlich alles von Prince.
6 | 12 Während John Lennon 1966 doch recht kontrovers tönte, die Beatles seien "populärer als Jesus", grölten die Nachahmer Oasis Jahrzehnte später: "Wir sind größer als die Beatles". Egal: Das Debütalbum der stets zankenden Gebrüder Liam und Noel Gallagher "Definitely Maybe" ist eines der besten der Britpop-Bewegung in den 90ern. Ob "Cigarettes & Alcohol" (herrlich frech geklaut bei T-Rex' "Get It On") oder das grandios-genervte "Married With Children" (Textzeile: "I hate the books you read and all your friends / your music’s shite, it keeps me up all night"). Das Cover, seiner Zeit in Wohnzimmer des Gitarristen Bonehead aufgenommen, inspiriert von flämischen Renaissance-Künstlern wie Jan van Eyck, fand ich jedenfalls so gut, dass ich mir einst mein Wohnzimmer exakt so eingerichtet habe. Kein Witz.
7 | 12 Nachdem Bruce Springsteen von der Tour zu "The River" nach Hause kam, brauchte er Ruhe: Schließlich hatte der Boss vor einer Million Leute gespielt. So kam es, dass er am 3. Januar 1982 mit einem Vierspurrekorder zuhause saß und allein und ohne Band Songs aufnahm - nur Akustikgitarre, Mundharmonika und seine Stimme. Das Album ist eines der ruhigsten seiner gesamten Karriere, mit dem wunderschönen "Atlantic City" und einer durchgängig ruhigen, zurückhaltenden, oft depressiven Stimmung. Das bringt auch das triste Cover zum Album gut rüber. Die Platte danach war dann übrigens "Born In The U.S.A.".
10 | 12 Eine der kurioseren Platten in meiner Sammlung. Ein Kollege fuhr einst zu einem Interview mit David Hasselhoff, ich bat ihn, mir doch bitte ein Album signieren lassen. Das Ergebnis, mit Silberstift: "Matthes, alles Gute! Gekritzel". Von einem Hoff zum anderen, wenn man so möchte. Zwar höre ich den Helden meiner Kindheit zugegebenermaßen "selten", trotzdem bin ich stolz auf diese Platte.
11 | 12 Drei Alben von Grace Jones - Tipp von Alexandra Friedrich aus der NDR Kultur-Redaktion:
Die Frage nach dem liebsten Cover kann genauso wie die nach dem liebsten Album eigentlich jeden Tag neu und niemals wirklich beantwortet werden. Aber es gibt da eine Frau, die für mich sowohl in der einen als auch in der anderen Frage zu den all time favorites gehört. Nicht nur eine Popmusik-, sondern auch vor allem eine Plattencover-Ikone ist: Grace Jones.
Fast unmöglich, hier eines der Kunstwerke rauszupicken, das sie mit ihrem damaligen Partner Jean-Paul Goude geschaffen hat: das durch Collage-Technik scheinbar verzerrte Gesicht auf dem Cover von "Slave To The Rhythm"? Oder das surreale, illusionistische Cover von "Island Life". Ihr fast nackter und glänzender Körper in dieser übernatürlichen, körperlich unerreichbaren Position. Ähnlich kraftvoll: Wie sie auf der Single "Pull Up To The Bumper" im Boxeroutfit ihre Muskeln spielen lässt. Einfach stark. Geht es cooler als Grace Jones? Ich finde nicht!
12 | 12 "Blue Valentine" von Tom Waits: Tipp von Ulrich Sarrazin aus der NDR Kultur-Redaktion:
Okay, im Art-Design-Pantheon der Plattencover spielt dieses keine große Rolle, aber was drinsteckt...
Sommer '86, meine gute Freundin Kirsche legt dieses Vinyl auf und circa 30 Sekunden lang schmachten sich Geigen durch das Intro einer Cover-Version von "Somewhere", dass ich denke: "was für ein Schmalz" (sorry "Lennie" Bernstein). Aber dann - eine Stimme, mit der man die festgeklebten Drinkreste des Vorabends vom Tresen raspeln könnte. (Tom Waits hat selbst mal gesagt, das Beste an seiner Stimme sei, dass er damit immer einen Platz an der Bar kriegt.)
Für die nächsten 49 Minuten und 9 Sekunden war ich nicht ansprechbar. Zehn Alben, die man auf den Mond mitnehmen darf? Wenn's drauf ankommt, reicht mir dieses eine. Jeder Song ein Juwel!