Starke Kritik an Mittelkürzungen für die Hochschulen
In der Wissenschaft geht zurzeit die Angst um. Grund sind angekündigte Mittelkürzungen des Bundes. Das Auswärtige Amt und das Bundeswissenschaftsministerium streichen oder kürzen wichtige Förderungen. Es rumort deshalb an den Hochschulen.
Viele Hochschulen beklagen, dass bereits zugesagte Fördergelder des Bundesforschungsministeriums aus Spargründen nicht ausgezahlt werden. Davon betroffen ist etwa die Uni Hildesheim. Die Hochschule forscht im Verbund mit 13 weiteren Wissenschaftseinrichtungen zur DDR-Geschichte. Und dafür hat das Ministerium nun bereits bewilligte Mittel gekürzt. Das wirkt sich ganz konkret aus, sagt Meike Sophia Baader, Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Uni Hildesheim: "Drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen sind davon betroffen. Wir sind davon ausgegangen, dass wir diese Stellen bis 2023 kostenneutral verlängern können. Jetzt hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärt, dass sie nur noch vier Monate verlängern. Dramatisch."
Besonders die aus Drittmitteln finanzierte Nachwuchsforschung sei betroffen. Sie fürchte, dass die ohnehin schon prekäre Situation in den Wissenschaften mit befristeten Stellen und schlechten Aufstiegschancen durch die Kürzungen noch einmal verschärft wird. Baader kritisiert mangelnde Kommunikation und Sachverstand der Bundesforschungsministerin: "An der Reaktion von Frau Stark-Watzinger kann man sehen, dass die konkreten Arbeitsbedingungen vor Ort nicht im Fokus sind. Da gibt es eine allgemeine Formulierung: 'Ich bin ganz zuversichtlich, dass sie Ihre Arbeiten gut zu Ende führen können' - aber wenn die nicht ausfinanziert sind?"
"Mittelkürzungen in der Wissenschaft sind grundsätzlich falsch"
Andere werden in ihrer Kritik noch deutlicher, der Präsident der Europa-Universität Flensburg Werner Reinhart zum Beispiel. Er hält die angekündigten Mittelkürzungen in der Wissenschaft für grundsätzlich falsch - auch wenn an der von ihm geleiteten Hochschule derzeit zumindest noch keine der Förderlinien des Bundesforschungsministeriums betroffen sind: "Im Grunde genommen ist das schrecklich. Ich glaube, die Vorgängerin von Frau Stark-Watzinger war die schlechteste Besetzung, die wir je hatten. Sehr wissenschaftsfern! Insofern hatten wir sehr viel Hoffnung. Aber was wir jetzt hören: Wissenschaft und Forschung in den großen Spartopf einer möglichen Nach-Corona- und Nach-Ukraine-Unterstützungsrechnung aufzunehmen, ist schlichtweg dumm."
Große Sorge bereitet den Hochschulen auch die Tatsache, dass der DAAD, der Deutsche Akademische Austauschdienst, Stipendien radikal zusammenstreicht. Zuständig hierfür ist das Auswärtige Amt in Berlin. Dass dies nun radikal den Rotstift ansetzt, bedeutet auch für die Europa-Universität Flensburg, die naturgemäß stark auf Austausch setzt, massive Veränderungen, sagt Werner Reinhart: "Das heißt, dass wir weniger Stipendien für Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen wollen, haben. Und das heißt, dass wir weniger Geld zur Verfügung haben für Studierende, die ins Ausland gehen wollen. Große Sorge haben wir bei der 'Europawissenschaft', denn die ist besonders von Internationalisierung abhängig. Sie lässt sich nicht so einfach unmittelbar anwendungsbezogen oder unmittelbar wertschöpfungsorientiert rechnen."
Weniger Förderung für Grundlagenforschung
Das, was Reinhart hier anspricht, treibt viele Wissenschaftseinrichtungen um: die Ankündigung des Bundes nämlich, künftig eher angewandte Wissenschaftsprojekte zu unterstützen, dafür aber weniger die sogenannte Grundlagenforschung. Auch an diesem Plan entzündet sich massive Kritik - sie kommt etwa von Udo Kragl, Prorektor für Forschung und Forschungsausbildung der Universität Rostock: "Ich glaube, das ist sehr gefährlich, wenn man Kategorien bildet und sagt: Die einen fördern wir noch und die anderen nicht, weil sie nicht anwendungsorientiert sind. Ich glaube, man muss sehen, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet."
Für den Wissenschaftsbetrieb - auch in Norddeutschland - kommt die Diskussion um Kürzungen und Sparen in der Forschung zur absoluten Unzeit. Es seien gerade die Hochschulen, die durch die Corona-Krise ohnehin stark unter Druck stehen, meint Uni-Präsident Werner Reinhart aus Flensburg. Ihnen jetzt noch mehr aufzubürden, findet er absolut nicht richtig: "Dass wir nun in einer sehr angespannten Situation mit dieser Kürzungsdiskussion konfrontiert werden, ist einfach nur traurig."
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