Portrait von Mareike Krügel. © NDR/Peter von Felbert Foto: Peter von Felbert

Autorin Krügel zur Wahl in SH: "Eine eher neue Entwicklung"

Stand: 09.05.2022 13:09 Uhr

Die Schriftstellerin Mareike Krügel hat mit ihrem Mann Jan Christophersen eine "Gebrauchsanweisung für Schleswig-Holstein" geschrieben. Im Interview mit NDR Kultur spricht sie darüber, wie sie das Ergebnis der Landtagswahl einschätzt.

Frau Krügel, hat Sie dieses Wahlergebnis überrascht? 

Mareike Krügel: Die Umfragen gingen ja schon in diese Richtung. Insgesamt betrachtet war es also nicht überraschend. Dass natürlich die CDU so viele Stimmen bekommen hat und von der SPD so viele so abgewandert sind oder dass die Grünen so gut abgeschnitten haben, überrascht im Detail natürlich schon. Aber grundsätzlich hatte sich dieses Ergebnis so abgezeichnet.

Im Juni bringen Sie zusammen mit ihrem Mann Jan Christophersen das Buch "Gebrauchsanweisung für Schleswig-Holstein" heraus. Viele meinen, Daniel Günthers ruhige und moderierende Art kommt hier gut an. Würden Sie sagen, das passt zu dem, was Sie über die Menschen in Schleswig-Holstein schreiben? 

Krügel: Also im Moment schon - aber ich bin mir nicht hundertprozentig sicher. Ich finde schon, hier ist vieles sehr gemäßigt. Beim Klima oder bei der Landschaft gibt es wenig Extremes. Insofern kann man sagen, die Menschen hier sind wahrscheinlich eher auch nicht extrem. Aber es gab in der Vergangenheit ja durchaus viel Streit im schleswig-holsteinischen Landtag. Es ist nicht so, dass es zwischen Ost- und Westküste, zwischen Geest und Marsch nicht auch jede Menge Ressentiments und gegensätzliche Positionen oder Bedürfnisse gebe. Ich kann nicht sagen, dass es eine schleswig-holsteinische Spezialität ist, irgendwie integrativ, kooperativ und gemäßigt zu sein. Ich glaube, das ist eher eine neue Entwicklung - die in Zukunft hoffentlich für die ganze Bundesrepublik gilt. 

Was sind denn die Themen, die man angehen müsste aus Ihrer Sicht? Was liegt den Leuten auf der Seele in Schleswig-Holstein?

Krügel: Ich bin vielleicht keine besonders repräsentative Person. Ich wohne hier so richtig auf dem Dorf und spreche viel mit Landwirtschaftstreibenden und mit Eltern, habe aber wenig mit den Problemen der Städter zu tun. Das habe ich auch beim Schreiben des Buches bemerkt: Es ist schwer, für alle zu sprechen in Schleswig-Holstein. Was ich auf dem Land sehe ist natürlich die Frage: Wie kann Mobilität aussehen? Wie kann das Land angeschlossen bleiben und angeschlossen werden, so dass wir weiterhin eine gute Lebensqualität haben? Was mir noch unter den Nägeln brennt: Wie können die traditionell grünen Themen wie Landwirtschaft und Windkraft so angegangen werden, dass sie zukunftsweisend sind und sich nicht immer weiter wie eine Spirale in den Abgrund manövrieren?

Was muss man unbedingt beherzigen, wenn man als Besucher oder womöglich als Politiker nach Schleswig-Holstein kommt? Die Leute ernst nehmen, respektvoll sein - oder vielleicht auch mal die Klappe halten?

Krügel: Das gilt, glaube ich, für jedes Bundesland, gerade wenn man zu Besuch kommt und ganz besonders als Politiker oder Politikerin: Dass man mal die Klappe hält und zuhört. Es ist auf jeden Fall so, dass Schleswig-Holstein ganz offensichtlich starke Gegensätze hat. Die Bedürfnisse der Menschen an der Westküste sind kaum zu vergleichen mit denen an der Ostküste. Diese reichen Gemeinden auf der einen Seite und die aussterbenden Dörfer auf der Geest sind einfach sehr unterschiedlich.

Diese Gegensätze sind aber oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Da muss man genau hinschauen. Also wenn ich etwas raten würde, wie man Schleswig-Holstein zu nehmen hat, dann ist es: Man sollte sich darauf einlassen, dass man nicht sofort alles versteht, sondern erstmal genau hinguckt. Dinge sind oft ganz anders, als sie auf den ersten Blick erscheinen und es gibt sehr viele Zwischentöne. Es lohnt sich, die alle aufzunehmen und sich nicht auf Klischees zu verlassen.

Das Interview führte Ocke Bandixen.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 09.05.2022 | 09:40 Uhr

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