Gemälde 'Arbeitstisch in Paris' (1889) von Akseli Gallen-Kallela: Malutensilien, eine Pfeife, ein Totenschädel liegen auf einem Tisch. © picture alliance / akg-images Foto: Akseli Gallen-Kallela

Jon Fosse: So ist das

Sendung: NDR Hörspiel Box | 21.12.2022 | 20:04 Uhr | von Fosse, Jon
53 Min | Verfügbar bis 15.06.2024

Berührender Monolog von Jon Fosse - für Leser:innen von "Der andere Name".

„Vater unser / Der du bist im Himmel / Geheiligt werde dein Name…“ Fast jeder kennt diese Zeilen, manche sind damit aufgewachsen, viele wiederholen dieses Gebet ritualisiert. Ob als Hilferuf oder um weniger allein zu sein oder als Akt der Zugehörigkeit. Jene, die es sprechen, stellen zwar keine direkte Frage, erhoffen sich trotzdem eine Antwort: Alles wird gut. Oder?

In seinem Monolog „So ist das“ lässt Jon Fosse einen Mann, einen greisen Künstler, auf sein Leben zurück- und in eine ungewisse Zukunft blicken. Aus Gewohnheit betet er, dessen morgendlichen Gedankenstrom Jon Fosse protokolliert, zwar das „Vaterunser“, aber welchen Sinn das noch haben soll, ist ihm mittlerweile unklar. Allein hievt er sich aus dem Bett, durchzieht mit dem Rollator sein Zimmer. Nach drei gescheiterten Ehen und mehreren Kindern, die ihn schon lange nicht mehr besuchen, ist ihm nur sein „Werk“ geblieben. Die obsessive Arbeit hat bloß dazu geführt, dass er sein Leben irgendwie verpasst, vergeudet hat. Zur Umkehr ist es nun zu spät. Es bleibt ein „Trotzdem“.

Fosse lässt existenzielle Themen auf das konkrete und physische Ende eines Menschenlebens treffen. Gleichsam ist diese knappe Stunde Lebenszeit auch von zartem Humor durchzogen. Hörspielregisseur Giuseppe Maio inszeniert diesen Gedankenstrom behutsam mit allen Pausen, die Abgründe wie auch Hoffnungsschimmer erspüren lassen, die Fosse in seinem Langgedicht angelegt hat. Schauspieler Christian Redl lässt sich auf diesen Rhythmus ein, macht das Universelle wie Alltägliche körperlich spürbar. Wer sind wir, wenn wir uns dem Ende nähern? Wenn die Arbeitswelt für uns vorbei ist, wenn wir die Kraft verlieren? Was machen wir mit den Tagen, die kommen und gehen? Wie verabschieden wir unsere Eltern oder Großeltern – und umgekehrt? Und schließlich: Was erwartet uns? Erlösung vom Bösen?

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel.

Mit: Christian Redl.
Komposition: Bo Wiget.
Technische Realisation: Kai Schliekelmann und Corinna Kammerer.
Regieassistenz: Julia Werth.
Regie: Giuseppe Maio.
Produktion: NDR 2022.
Dramaturgie: Michael Becker.

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