Gender-Pay-Gap: Endlich gerechtere Bezahlung im Frauenfußball?
Mit der Partie England gegen Österreich hat am Mittwoch in Manchester die Fußball-EM der Frauen begonnen. Immer noch verdienen Frauen im Fußball wesentlich weniger Geld als Männer. Tut sich da etwas in Sachen Gender-Pay-Gap?
Ein Gespräch mit der Vizepräsidentin des DFB, Silke Sinning.
Frau Sinning, man hat schon den Eindruck, dass das allgemeine Interesse am Frauenfußball wächst. Teilen Sie die Einschätzung? Kommt endlich der lang ersehnte Quantensprung für den Frauenfußball, jetzt, wo die Männer nicht spielen?

Silke Sinning: Den Quantensprung erhoffe ich mir. Ich hoffe darauf, dass wir ein gutes Turnier spielen und dann kommen wir dem Quantensprung auch näher. Aber es ist schon so, dass wir erst mal reinkommen müssen und schauen müssen, wie das im Turnier verläuft.
Fußballerinnen können taktisch genauso gut spielen wie ihre männlichen Kollegen - das hat eine Untersuchung der Deutschen Sporthochschule Köln selbst all denjenigen gezeigt, die das immer noch nicht so richtig wahrhaben wollten. Was ist aus Ihrer Sicht am weiblichen Fußball vielleicht sogar interessanter?
Sinning: Ich finde, dass die einen sehr schönen, präzisen Fußball spielen und auch relativ gut die Bälle in die Räume weitergeben können, also ein gutes Doppelpassspiel beherrschen. Das finde ich von meiner Wahrnehmung her sehr interessant. Das zeichnet auch einen schönen Fußball aus.
Leider verdienen Frauen im Fußball wesentlich weniger als Männer. Tut sich da etwas in Sachen Gender-Pay-Gap? Vielleicht auch inzwischen bezogen auf das Interesse von Seiten der Sponsoren?
Sinning: Ich glaube schon, dass sich was tut. Wir haben schon gesehen, dass auch der DFB da etwas angehoben hat. Aber das ist, aus meiner persönlichen Sicht heraus, natürlich noch nicht genug. Ich bin da schon in Richtung Equal Pay unterwegs, dass man sich stark machen muss für die Frauen. Man kann das natürlich nicht immer eins zu eins übertragen, man muss auch schauen, worüber man spricht: Spricht man über die Bundesliga oder über eine Europa- oder Weltmeisterschaft? Aber unsere Frauen und unsere Männer sind vom DFB und vertreten uns und unserer Land bei den Meisterschaften. Man muss schauen, ob es 16 Teilnehmer sind oder 32, wie viele Spiele man braucht, um ins Endspiel zu kommen - das alles muss man ein bisschen berücksichtigen. Ich glaube, die Männer fänden es nicht ganz so tragisch, wenn sie etwas weniger bekommen würden und die Frauen dafür ein bisschen stärker belohnt werden für ihre Erfolge.
Der DFB hat in den vergangenen zehn Jahren die Hälfte seiner Mädchenteams verloren. Nach den beiden Pandemie-Jahren gibt es jetzt wieder einen kleinen Aufwärtstrend - dennoch haben sie Alarm geschlagen mit Blick auf den Mädchenfußball, die Förderung sei in großer Gefahr. Was kann, was muss hier getan werden?
Sinning: Tatsächlich haben wir sehr viele Mädchen in den letzten Jahren verloren, aber wir haben auch im letzten Jahr gemerkt, dass ein großes Interesse bei den Mädchen wieder da ist. Wir müssen ihnen viele Anlaufpunkte bieten - ob das Schnuppertraining ist, ob das Tag des Mädchenfußballs ist oder eine "Mädchen an den Ball"-Förderung, wie es manche Städte anbieten. Natürlich wollen wir im DFB, dass sie irgendwann ihr Zuhause im Verein finden. Ich als Sportwissenschaftlerin habe da auch ein großes Augenmerk darauf, dass gerade in Vereinen auch eine Sozialisation stattfindet.
Was sagt denn die Anerkennung von Frauen im Fußball über die Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft insgesamt aus? Immerhin ist Fußball die beliebteste Sportart in Deutschland und hat auch eine Vorbildfunktion.
Sinning: Sie sprechen es selber schon an: Wir haben eine Vorbildfunktion, und deshalb denke ich auch, dass wir da Haltung zeigen müssen, dass wir gut überlegen müssen, wie wir uns positionieren. Im Bereich Equal Pay sind wir schon gut auf dem Weg, dass wir da den Frauen und Mädchen im Spitzenbereich ganz viel anbieten können. Auch die Strukturen sind sind grundsätzlich breit gehalten für den Breitenfußball, sodass wir das organisatorisch gut abwickeln können. Aber wir brauchen neue Spielerinnen und auch Trainerinnen, die das unterstützen.
Das Interview führte Philipp Cavert.
