Corona-Krise: Mehr Zeit für die Familie
In vielen Familien wurde am Wochenende ein Notfallplan erarbeitet: Wer betreut wann die Kinder? Wer darf wann zur Arbeit gehen? Wie organisiert man ruhige Homeoffice-Zeiten? Und wie beschäftigt man die Kinder sinnvoll, wenn Schule und Kindergarten geschlossen sind? NDR Reporterin Lenore Lötsch ist mit ihrer Familie ein bisschen enger zusammengerückt.
Corona-Tagebuch, erstes Wochenende: Wir haben kein Klopapier gekauft, obwohl wir gekonnt hätten. Ja, es gab noch welches. Allerdings fragte der Sohn, als wir den Einkauf auspackten, einigermaßen fassungslos: "Wozu brauchen wir 2,5 Kilo Mehl?" "Ich habe mir überlegt, wir machen eine Backschule", entgegnete ich. Sie merken: Ich habe diese pädagogische Ader. Vielleicht in Krisenzeiten nicht das Schlechteste, dem Nachwuchs ein bisschen Hauswirtschaft, Kochen und Backen beizubringen. Die Teenagertochter jedenfalls spürt bereits eine historische Dimension: "Es ist ein Umstand, den ich noch nie miterlebt habe. Es kommt mir komisch vor, dass unser Schrank so voll mit Kidneybohnen ist."
Die richtige Gelegenheit, um Bücher zu verschenken

Die Regale in unserer Wohnung sind nach diesem Wochenende aber leerer - zumindest die Bücherregale. Nach dem diktatorisch angeordneten "Aussortieren!" bildet sich ein ansehnlicher Bücherturm auf dem Wohnzimmertisch. Die Tochter hat eine Idee: "Wir können die auch zum Verschenken rausstellen. Wenn die Stadtbibliothek zu hat, dann ist jetzt die richtige Gelegenheit." "Einfach mehrfach verwenden" steht auf dem Pappkarton, in den die Fantasyromane, Ponygeschichten und ungenutzten Ausmalbücher fliegen.
24 Stunden später ist die Bücherkiste auf der Straße fast leer, nur die antiken Dramen hat keiner eingesteckt. Möglicherweise bietet die Gegenwart momentan schon zu viele retardierende Momente und Katastrophen frei Haus.
Spieleabend mit der Familie statt Netflix
Auch Kinos haben in Corona-Zeiten geschlossen, und so fällt auch der lange geplante Kinobesuch der "Känguru-Chroniken" aus. Netflix funktioniert - also sieht der Nachwuchs keinen Grund zur Besorgnis. Ich aber finde, man muss als Familie dichter zusammenrücken, und erzähle, dass meine Schwestern und ich früher familiäre Kulturprogramme organsiert haben: Lieder wurden gesungen, Gedichte vorgetragen, selbstgeschriebene Sketche gespielt. Ich sehe die Angst in den Augen der Teenager und zeitgleich brüllen die beiden: "Wir könnten Spiele spielen!"
"Na Hurra!" Der Gatte gehört in die Kategorie: Gesellschaftsspielmuffel - aber man muss in diesen Tagen Opfer bringen. Spieleabende wurden irgendwann bei uns abgeschafft, aus Gründen: "Es endet meist damit, dass ein Teil der Gesellschaft wütend verschwindet", weiß die Tochter. Und dann sitzen wir doch in der Küche, und spielen "Halt mal kurz", ein Kartenspiel, das sich Marc-Uwe Kling, der mit dem Känguru, ausgedacht hat. Mit flacher Hand auf "Nazikarten" hauen, und bloß nicht die Karte "Ratzupaltuff" bekommen, eine Art Schwarzer Peter.
Auch nach einer halben Stunde sitzt die Familie noch vollzählig am Tisch. Allerdings haben wir plötzlich zwei Ratzupaltuff-Karten - das Böse vermehrt sich in diesen Tagen in erstaunlicher Geschwindigkeit, selbst bei harmlosen Kartenspielen.
Gitarrenunterricht über Skype
Und wir wenden uns dann doch noch dem familiären Kulturprogramm zu. Denn der Gitarrenlehrer hat sich gemeldet: "Der Untetrricht wird vorerst nicht in der Musikschule stattfinden. Stattdessen möchte ich aber gern Online-Unterricht anbieten. Dies können wir gern über Skype oder via FaceTime machen." Und dann werden hektisch die Instrumente ausgepackt.
