Carsten Brosda: So viel Kultur kann sich Hamburg noch leisten
Der Hamburger Senat hat am Dienstag den Entwurf des Haushaltsplans für 2023/24 beschlossen. Kultursenator Carsten Brosda (SPD) über die Lage für die Kultur in Hamburg mit einem steigenden Kultur-Etat.
Das werden weiter sehr schwierige Jahre, sagte der Finanzsenator Andreas Dressel zu Beginn der dreitägigen Haushaltsberatungen für Hamburg am Dienstag. Diese sind nun am Donnerstag zu Ende gegangen: Mit dem Ergebnis, dass es für Hamburgs Kultur in den kommenden Jahren mehr Geld geben wird. Der Etat steigt von 379 Millionen in diesem Jahr auf 398 Millionen Euro in 2023 und 404 Millionen Euro in 2024.
Kultursenator Carsten Brosda - das sind ja erstmal Zahlen, die gut klingen, aber angesichts von Inflation, Corona, Folgen, Ukraine, Krieg: Was bedeuten die tatsächlich für Hamburgs Kulturlandschaft in den nächsten zwei Jahren?
Carsten Brosda: Tatsächlich sind Zahlen immer genau das: Sie sind nur Zahlen. Die spannende Frage ist, was machen wir am Ende des Tages damit. Das ist zumindest ein Etat, der es uns ermöglicht, Planungssicherheit zu geben. Wir können das, was wir begonnen haben, weitermachen. Wir müssen nirgendwo sparen, weil wir wie aus der Corona-Pandemie herauskommen. Wir können einige Sachen, die wir schon begonnen haben, endlich mal ordentlich und geordnet in den Haushalt überführen. Wie etwa das Programm "Intro" für Geflüchtete Künstler*innen, wie die Vereinbarung mit dem Landesmusikrat, was die im Bereich Laienmusik anfangen wollen, aber auch so etwas wie den Aufbau des Deutschen Hafenmuseums und vieles Andere mehr.
Das steht jetzt im Etat drin. Das ist ein großer Erfolg. Aber es ist nicht ein Etat, wo man alle einladen kann zu überlegen, was können wir denn zusätzlich noch machen, sondern wir werden mit hoher Disziplin durch die nächsten Jahre gehen und schauen müssen, dass wir das gute, solide Fundament, das wir haben, bestmöglich zum Einsatz bringen.
Welche Investitionen sind überhaupt noch möglich, oder muss einfach nur gespart werden? Ist das die Maxime?
Brosda: Wir müssen nicht über Gebühr sparen. Wir können eben den Aufbaustab des Deutschen Hafenmuseums einrichten. Wir können die Planungen für das Haus der Digitalen Welt, das die Volkshochschulen und öffentliche Bücherhallen und andere zusammenholen soll, weiter vorantreiben. Wir machen die großen Sanierungsvorhaben Kampnagel und anderes weiter. Wir geben den Häusern, die institutionell gefördert werden, Planungssicherheit und sagen, auch da stehen wir zu den Zusagen, die wir gemacht haben, was die weitere Entwicklung, der Zuwendungen angeht. All das sind Sachen, wo wir eben nicht sparen müssen, weil die Lage schwierig ist, sondern wo wir ein Mittel haben, das alles auszufinanzieren.
Etwas anderes wird es sein, wenn in den nächsten Jahren irgendwelche neuen Probleme um die Ecke kommen. Da werden wir sehr kreativ sein müssen, damit klarzukommen, weil wir jetzt keine Puffer im Haushalt haben. Nach dem Muster: 'Gucken wir mal, wenn die nächste Krise kommt, legen wir da schon mal Geld zur Seite. Das Geld, das wir haben, brauchen wir auch, um das reiche kulturelle Leben der Stadt weiter unterstützen zu können.
Wie weit war das in den letzten drei Tagen ein Ringen? Dressel hatte gesagt, dass es für Extrawünsche keinen Spielraum gäbe. Mussten Sie da mal lauter werden?
Brosda: Nein, Gott sei Dank nicht. Und das ist ja auch so, dass das Ringen, wenn man in dem Bild bleiben will, jetzt nicht zwei, drei Tagen im Rathaus passiert, sondern die Ausstellung eines solchen Haushalts ist ein sehr intensives, gemeinsames Puzzles über Monate hinweg. So war das auch in diesem Fall. Ich würde mich auch ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen in der Finanzbehörde dafür bedanken, dass wir das immer in einem hohen gemeinsamen Bewusstsein um die Probleme, die entstehen können, wenn man in der Kultur was falsch macht, miteinander erledigt haben.
Da gab es nicht die Situation, wo dann die einen sagen: Ihr müsst sparen. Und die anderen sagen: Wir können aber nicht sparen. Und dann schaut man sich Betroffenen an, sondern man hat gemeinsam nach Lösungen gesucht und wir haben es am Ende auch gefunden. Das ist schon etwas, das zeigt, dass wenn man gemeinsam kooperativ an solchen Prozessen herangeht, es dann auch miteinander gelingen kann.
Alles wird gefühlt und real teurer. Wir alle müssen sparen. Wie kann man oder wie werden Sie dem begegnen, dass die Menschen möglicherweise als Erstes am Theaterbesuch oder am Konzert sparen werden?
Brosda: Indem wir ihnen hoffentlich deutlich machen können, dass das keine kluge Idee ist, weil das schon Dinge sind, die wir wahrscheinlich gerade jetzt besonders brauchen. Das ist eine Herausforderung, weil wir aus der Pandemie-Zeit und aus den vielen Beschränkungen herkommen und viele Leute in den letzten Monaten und Jahren gar nicht durften. Und wahrscheinlich sagen die: Ja, dann mache ich das noch eine Zeit lang so weiter.
Aber das, was Michael Lang vom Ohnsorg-Theater mal die 'Klebekraft der Couch' genannt hat, die es zu überwinden gelte, das ist genau das, was wir jetzt tun müssen. Ich glaube, das geht nur, indem man tatsächlich mutig, engagiert und auch laut kulturelles Programm für die Stadt veranstaltet, um den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, wie wertvoll und wie wichtig das ist, diese, auf der einen Seite kleinen Fluchten aus dem Alltag sich zu organisieren, und auf der anderen Seite die Räume zum Debattieren der Frage: Wie wir eigentlich zu künftig miteinander leben wollen, zu öffnen. Auch das können Kulturorte par Excellence sein.
Insofern glaube ich, dass Miteinander von einer Strecke stehen. In der die Kultur mal wieder der Gesellschaft wird erklären können - und ich bin mir sehr sicher, sie kann es auch und wird es auch erfolgreich tun - warum es wichtig ist, gerade in solchen Zeiten sich der Kultur und ihren Inspiration zu wenden.
Das Gespräch führte Susanne Hasenjäger, NDR 90,3.