"Alles dicht machen" und Co.: Die Kultur-Aufreger des Jahres
Die Pandemie hat der Kulturbranche auch 2021 harte Zeiten beschert. Trotzdem haben Kulturschaffende für Aufmerksamkeit gesorgt - einige nicht unbedingt mit ihrer Arbeit. Ein Rückblick auf die Kultur-Aufreger des Jahres.
Mit der Ironie ist das so eine Sache. Die Aktion "Alles dicht machen"im April dieses Jahres machte deutlich: Ironie funktioniert nur, wenn man sie erstens richtig und deswegen zweitens, vor allen Dingen richtig dosiert einsetzt. 50 deutsche Schauspieler, Schauspielerinnen und Regisseure hatten in Videoclips die Corona-Politik der Bundesregierung ironisch aufs Korn genommen.
#Alles dicht machen: Jan Josef Liefers zeigte sich geläutert und geimpft
Der Schuss ging nach hinten los. In der Öffentlichkeit hagelte es Kritik; unangemessen sei die Aktion und respektlos gegenüber Erkrankten und dem Gesundheitssystem. Noch am selben Tag distanzierten sich viele von ihren Aussagen, wie Heike Makatsch, Richy Müller oder auch Ulrike Folkerts. Auch Jan Josef Liefers zeigte sich geläutert und geimpft, als er nach seinem Auftritt auf eine Intensivstation eingeladen wurde.
Sängerin Nena schlägt in Anti-Corona-Kerbe
Auch Sängerin Nena schlug in diesem Jahr in die Anti-Corona-Kerbe. Auf einem Konzert machte sie eine Ansage: "Mir wird gedroht, die Show abzubrechen. Die Frage ist nicht, was wir dürfen, sondern was wir uns mit uns machen lassen." Mehrheitlich löste Nena damit aber nur müdes Kopfschütteln und Abwinken aus, die Talente der Sängerin liegen nicht unbedingt auf faktenbasiertem Wissen.
Jasmina Kuhnke sagt Auftritt bei Buchmesse Frankfurt ab
Tatsachen sind dagegen die Drohungen gegen die Autorin und Woman of Coulour Jasmina Kuhnke. So sagte Kuhnke ihren Auftritt bei der Frankfurter Buchmesse ab. Denn direkt neben der Bühne hatte ein rechtsextremer Verlag seinen Stand. Kuhnke soll vor ihrem Auftritt Morddrohungen erhalten haben.
Die Debatte um rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse war - wie schon im Jahr zuvor - in vollem Gange. Die Philosophin Svenja Flaßpöhler sagte im Interview auf NDR Kultur, dass Kuhnke allerdings auch eine Chance verpasst habe: "Wenn sich ein solcher Verlag direkt neben dem Blauen Sofa aufbaut, ist das erst mal eine Provokation. Die Autorin hätte auch sagen können: 'Hier, das haben wir erreicht. Ich als Person of Color sitze hier auf einer ZDF-Bühne, bitteschön. Und ihr kleinen Rechten, ihr könnt mir jetzt mal dabei zugucken, wie ich den öffentlichen Diskurs mitpräge.' Das wäre aus meiner Sicht eine offensive Position der Stärke gewesen."
Gil Ofarim und der Insta-Post aus Leipzig
Aufregung gab es auch um den Sänger Gil Ofarim und seinen Instagram-Post aus Leipzig. Der mediale Aufschrei war groß, als der Musiker in einem Instagram-Video behauptete, dass ein Hotelmitarbeiter in Leipzig - und womöglich ein weiterer Gast - ihn antisemitisch angefeindet hätten. Beweise lagen zu dieser Zeit noch keine vor, aber Ofarim hatte in einem Video sehr schwerwiegende Anschuldigungen erhoben.
Der "ZEIT-"Redakteur Martin Machowecz recherchierte mit seiner Kollegin Anne Hähnig und schrieb einen Artikel, wonach es vorerst keinerlei Hinweise darauf gebe, dass Ofarims Anschuldigungen stimmen. Es liege sogar der Verdacht nahe, dass Ofarim mit seiner Anschuldigung dem Hotel-Mitarbeiter schaden wollte, weil er sich zuvor über ihn geärgert hatte.
Deutsche Rap-Szene kämpft mit Sexismus
Die deutsche Rap-Szene hatte in diesem Jahr mit Vergewaltigungs-Vorwürfen und Sexismus zu kämpfen. In Juni beschrieb die Influencerin Nika Iranie, wie sie ein Jahr zuvor von dem deutschen Rapper Samra vergewaltigt worden sein soll. Samra stritt dies ab. Aber die Geschichte brachte #Deutschrapmetoo ins Rollen. Zahlreiche Betroffene meldeten sich mit ähnlichen Erlebnissen, die Geschichten wurden gesammelt und in Social-Media-Kanälen veröffentlicht. Die - meist - männliche Rap-Szene wehrte sich - nicht nur verbal, sondern auch mit Gewaltandrohungen. Betroffene werden inzwischen aus dem Hintergrund juristisch unterstützt.
Dem Comedian Luke Mockridge wurde von seiner Ex-Parterin Ines Anioli Vergewaltigung vorgeworfen. Die Beweislage ist schwierig, die Staatsanwaltschaft stellte zunächst das Verfahren ein. Dann meldeten sich allerdings mehr als zehn Frauen, die von ähnlichen übergriffigen Erfahrungen mit Mockridge berichteten. Die Untersuchungen laufen noch.
