Kolumne: "Von Mutationen und Mutanten"
Vor einem Jahr wurde der erste Corona-Fall in Deutschland bekannt. Inzwischen gibt es Mutationen des Virus - wie B.1.1.7. Sie verunsichern viele Menschen, weil sie als deutlich ansteckender gelten.
Es gibt ein Wort, das in meinen Ohren etwas bedrohlich klingt: Mutation, oder schlimmer noch Mutant. Wenn es erwähnt wird, dann ploppen in mir Bilder aus der Spielewelt auf - mutierte Kreaturen, die sich in mystischen Welten bewegen, die ihre Gestalt wechseln, um sich unangreifbar zu machen. Es wirkt auf mich auch nicht sonderlich beruhigend, wenn Mutationen in den Nachrichten oder Magazinen diskutiert werden und es sich bei B.1.1.7 nicht um eine Fantasy-Figur, sondern um ein Virus handelt.
Ich versuche, mich an den Biologie-Unterricht zu Schulzeiten zu erinnern. Da hatte mich allerdings der gutaussehende Referendar mehr als das Thema interessiert. Er sprach in der Lektion über Genveränderungen von Tulpen. Bei dieser Blume gibt es nämlich viele Mutationen. Zum Beispiel Blütenblätter mit unterschiedlichen Farben an ein und derselben Pflanze, was mich zwar fasziniert, aber richtig zugehört, warum es so ist, habe ich nicht.
Wir Menschen sind keine Transformer aus der Spielewelt
Das gefährliche Virus, die hübsche Tulpe: zwei Mutanten. Und wir Menschen? Wo bleibt jetzt unsere "Mutation", frage ich mich und meine damit nicht nur unsere Gene. Unser Leben verändert sich im hohen Tempo, und wir versuchen, mitzuhalten, uns anzupassen - nicht nur körperlich, sondern auch mit dem Herzen und unserer Seele. Zum Beispiel an die Bedingungen im nicht enden wollenden Lockdown. Einfach ist das nicht. Denn wir sind ja keine Transformer aus der Spielewelt. Immerhin, das Potenzial zur Verwandlung, das haben wir. Gott hat es in uns angelegt; so, wie es schon der Prophet Jesaja bekennt: "die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden."
Dass uns dies helfe, Mutanten wie B.1.1.7 entgegenzustehen, dafür werfe ich heute einen Anker der Hoffnung aus.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.
