Kolumne: "Der Zauber der Vergänglichkeit"
Ein auf der Klippe liegender Friedhof verschwindet langsam und wird von der Nordsee verschluckt. Dieses ungewohnte, aber passendes Bild für die Ewigkeit entdeckt Inga von Thomsen in Mårup in Dänemark.
Eine Steilküste an der Nordsee: Der Wind fegt hart von See her, die Wellen schaukeln gischtend an Land. Mårup ist ein atemberaubend schöner Platz in Nord-Dänemark. Oben auf der Klippe, direkt an der Abbruchkante, stehen Grabsteine. Zusammengeschoben sehen sie aus, unordentlich. Und das sind sie auch: Die Nordsee nagt nämlich Jahr für Jahr immer weiter an den 70 Meter hohen Klippen. Viele Gräber sind bereits verschwunden - abgestürzt, die Klippe hinab, von der Nordsee fortgetragen. Manchmal finden Spaziergänger am Strand unten sogar noch Knochen. Diese werden dann natürlich erneut bestattet, auf einem anderen Friedhof.
Kirche von Mårup ist bereits abgebaut
Die kleine Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die einst hier stand, ist bereits verschwunden. Nach vielen Diskussionen wurde sie Anfang des Jahrtausends abgebaut. Da war auch sie nur noch wenige Meter vom Absturz entfernt. Eine verschwundene Kirche und ein dem Niedergang geweihter Friedhof? Sollten beide nicht für die Ewigkeit gebaut sein?!
Alles Irdische ist vergänglich
Doch an diesem Ort zeigt sich quasi bildlich, wovor die Bibel warnt - nämlich sein Haus auf Sand zu bauen. Vergänglichkeit pur. Als ich neulich im Urlaub über das Gelände in Mårup lief, spürte ich trotzdem die Magie dieses spirituellen Ortes. Nichts verdeutlicht die Vergänglichkeit alles Irdischen so stark wie diese Klippen. Und dennoch hatte ich das Gefühl: Hier ist ein Kraftort. Vielleicht liegt es am Widerstand, am zähen Ringen der Elemente miteinander, das ganz hautnah zu spüren ist? Dem Wissen, dass es die Natur ist, die sich alles zurückholt? Der Zauber von Mårup: Ich habe ihn gespürt und trotzdem ist es nicht leicht, ihn in Worte zu fassen.
Vielleicht kennen auch Sie solche Orte, an dem Sie merken: Hier bin ich Gott ganz nah. Und das tröstet mich: Bei ihm bleiben wir, auch wenn alles andere vergeht. In Ewigkeit.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jeden Donnerstag vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.