Abendmahl zuhause - Momente voller Würde und Schönheit
Beim Abendmahl Jesu geht um das letzte Abendessen, das Jesus zusammen mit seinen Jüngern vor seiner Kreuzigung feierte. Das Teilen mit Wein und Brot symbolisiert die Verbundenheit von Menschen - bis in den Tod.
Ob ich einen Hausbesuch machen könnte, werde ich gefragt. Die Tochter erzählt, dass es ihrer Mutter viel bedeuten würde. Die Hochbetagte liegt im Sterbebett. Am selben Abend noch mache ich mich auf den Weg - solche Besuche vertragen keinen Aufschub. Ich nehme meine Reisebibel und den kleinen Abendmahlskelch der St. Pauli Kirche mit. Kaum zwanzig Zentimeter ist er groß, aus Silber gearbeitet. Er dient seit über 200 Jahren der Gemeinde beim Krankenabendmahl.
Als ich auf dem Weg bin, denke ich: Was dieser Kelch wohl schon alles erlebt hat? Wie viele Sterbende aus diesem Kelch ihr letztes Abendmahl empfangen haben. Trost und Gottesnähe erfahren haben? Für mich ist das eine so wichtige Sache, gerade bei Sterbenden und ihren Angehörigen neben all der medizinischen Versorgung die Seelsorge nicht zu kurz kommen zu lassen.
Gebete - Von Vaterunser bis Psalm 23
Als ich in der Wohnung der Sterbenden ankomme, ist der enge Familienkreis um die Bettlägerige versammelt. Sie strahlt mich an, ihre Augen funkeln vor Freude. Gemeinsam beten wir: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln ... und wenn ich auch wanderte durchs finstere Tal fürchte ich kein Unglück ...." Die Seniorin kann den 23. Psalm auswendig, ebenso das "Vaterunser".
Momente am Sterbebett können auch stärken
Wie wir so beten und uns dabei an den Händen halten, spüre ich, dass Gott uns nahe ist. Wir reichen einander Brot und trinken alle einen Schluck Wein aus dem Kelch. Nach dem Segen bedankt sich die Sterbende und verabschiedet mich. Erleichtert, aber auch erschöpft schließt sie die Augen. Dieser Hausbesuch klingt in mir noch lange nach: Natürlich ist es schwer, einen geliebten Menschen zu verabschieden. Aber gerade am Sterbebett können wir Momente voller Würde und Schönheit erleben, die uns stärken.
Ich wünsche mir, dass das Hausabendmahl mit Kranken und Sterbenden noch viel häufiger angefragt wird. Auch dafür ist die Kirche da.
