Segelschiff "Kruzenshtern" © Lutz Zimmermann/Hanse Sail

Von "Padua" zu "Kruzenshtern": Letzte Zeugin einer Epoche

Stand: 08.12.2023 15:00 Uhr

Im Juni 1926 läuft die Viermastbark "Padua" in Bremerhaven vom Stapel - als letztes frachtfahrendes Segelschiff der Welt, das ganz ohne Motor gebaut wird. Nach dem Krieg benennen die Russen das Schiff in "Kruzenshtern" um.

Wie ihre bekannten Schwesterschiffe "Pamir" und "Passat" gehört die "Padua" zu den legendären Flying-P-Linern, gebaut für die renommierte Hamburger Reederei F. Laeisz. In der Zwischenzeit umbenannt in "Kruzenshtern", ist sie die einzige Bark aus der Reihe, die auch heute auf See im Einsatz ist. Nach ihrem Stapellauf unternimmt die "Padua" Fahrten nach Chile und Australien, von wo sie Weizen und Salpeter transportiert.

Die "Padua" im Film

Die Viermastbark "Padua", später "Kruzensthern", im Hamburger Hafen, undatierte Aufnahme. © picture alliance/arkivi
Die "Padua" - später "Kruzenshtern" - ist das letzte Frachtschiff der Welt, das noch ganz ohne Hilfsmotor vom Stapel lief. Die Viermastbark wurde für die Hamburger Reederei Laeisz gebaut.

Schon früh wird das Schiff für Filmaufnahmen genutzt: So segelt die "Padua" 1935 nach Madeira und Casablanca und wirkt dort in dem Film "Die Meuterei auf der Elsinore" mit. 1940 stehen Filmaufnahmen in Stettin auf dem Programm, 1943 ist die Bark Kulisse in dem Hans-Albers-Streifen "Große Freiheit Nr. 7".

Neben ihren Filmauftritten unternimmt die "Padua" während des Zweiten Weltkriegs hauptsächlich Ausbildungsfahrten auf der Ostsee. 1943 rüsten die Deutschen das Schiff unbestätigten Berichten zufolge sogar mit einer Kanone aus. Die Feinderkennung funktioniert jedoch nicht wirklich gut. Der einzige zu vermeldende "Erfolg" der Umbauaktion ist angeblich der versehentliche Abschuss eines deutschen Flugzeuges. Außerdem soll die "Padua" - ebenfalls aus Versehen - ein deutsches U-Boot gerammt haben.

Aus "Padua" wird "Kruzenshtern"

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs liegt das Schiff im Hafen von Flensburg. Von dort geht es später weiter über Hamburg, Kiel und Lübeck nach Swinemünde. Im Januar 1946 wird das Schiff als Reparationszahlung den sowjetischen Behörden übergeben. Die schleppen es nach Kronstadt nahe Leningrad, überholen die Viermastbark und geben ihr einen neuen Namen: "Kruzenshtern". Namenspatron ist der deutsch-baltische Marineadmiral Adam Johann Baron von Krusenstern, der für Russland zwischen 1803 und 1806 das erste Mal die Welt umsegelte.

Die "Kruzenshtern": Vom Forschungs- zum Schulschiff

Bis 1961 bleibt die "Kruzenshtern" im Hafen. Dort erhält sie auch ihren ersten Dieselmotor. Als ozeanografisches Forschungsschiff kommt sie dann in den Dienst des Hydrografischen Instituts und unternimmt Fahrten in den Atlantik, in die Karibik und ins Mittelmeer. Zu diesem Zeitpunkt hat sie noch nicht den heute bekannten Anstrich mit den angedeuteten Geschützklappen. Zwischen 1968 und 1971 erfolgen weitere Umbauten und Modernisierungen. Die "Kruzenshtern" ist nun ein reines Schulschiff für Kadetten.

Bei Regatten vorn dabei: Rekord beim "Columbus 1992"

Die "Kruzenshtern" nimmt am 23. August 2000 Kurs auf Amsterdam. © epa:anp Cor Mulder Foto: Cor Mulder
Die "Kruzenshtern" gehört zu den schnellsten alten Rahseglern, die noch auf See unterwegs sind.

Seit 1974 nimmt die "Kruzenshtern" regelmäßig an Regatten auf der ganzen Welt teil. Neben vielen Preisen und Auszeichnungen sticht ein Rekord besonders hervor: Auf dem "Columbus 1992", einem Transatlantik-Rennen von Boston nach Liverpool anlässlich des 500. Jubiläums der Entdeckung Amerikas, erreicht das Schiff eine Spitzengeschwindigkeit von 17,4 Knoten, rund 32 Kilometer pro Stunde. Damit macht die "Kruzenshtern" ihrem legendären Status noch einmal alle Ehre. Noch immer gehört die Viermastbark zu den schnellsten existierenden alten Rahseglern.

Technische Daten der "Kruzenshtern"

"Kruzenshtern" als Gast bei Großseglertreffen

Interessierte Privatleute können heutzutage auf der "Kruzenshtern" mitsegeln, sowohl als Passagiere bei Tagesfahrten als auch als Trainees auf längeren Törns zusammen mit russischen Kadetten. Allerdings sind diese Angebote derzeit infolge des Russland-Ukraine-Kriegs ausgesetzt.

Die "Kruzenshtern" ist ansonsten regelmäßig zu Gast bei Großseglertreffen, so etwa bei der Hanse Sail in Rostock und beim Hamburger Hafengeburtstag. Auch bei diesen Ereignissen nimmt sie zahlende Gäste mit an Bord.


11.06.2021 12:55 Uhr

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatten wir für den Stapellauf der "Padua" den 11. Juni 1926 angegeben. Mittlerweile liegen uns verschiedene Quellen vor, die unterschiedliche Daten im Juni 1926 nennen. Bis zu einer abschließenden Klärung datieren wir den Stapellauf daher auf den Juni 1926.

 

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Hamburg Journal | 12.05.2019 | 18:00 Uhr

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