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Gyula Trebitsch: Der große Mann des Hamburger Films

Stand: 03.10.2022 05:00 Uhr

"Des Teufels General" und "Die Zürcher Verlobung" zählen zu den bekanntesten Filmen des großen Film- und TV-Produzenten. Doch auch der Nazi-Terror prägte das Leben von Gyula Trebitsch.

Mit seinem Beruf erfüllte sich Gyula Trebitsch eigentlich "nur" seinen Kindertraum erfüllt: Schon als Junge erklärte er seinem Vater, dass er "Filmfabrikant" werden wolle. Der habe nichts dagegen gehabt, erzählte Trebitsch Jahrzehnte später. Er dürfe alles werden, so der Vater - nur kein Beamter. Im Nachkriegsdeutschland baute Gyula Trebitsch mit Real-Film beziehungsweise dem späteren Studio Hamburg eine erfolgreiche Film- und Fernsehproduktion mit auf und prägte die Medienlandschaft über Jahrzehnte.

Ausbildung zum Kinovorführer

Der 1937 ausgestellte Ausweis als "Königlich-Ungarischer Filmvorführer" von Gyula Trebitsch. © Studio Hamburg
Nach seinem Diplom erhält Trebitsch seinen Ausweis als "Königlich-Ungarischer Filmvorführer".

Geboren wird Gyula Trebitsch am 3. November 1914 in Budapest. 1932 beginnt er dort als Volontär bei der ungarischen UFA-Niederlassung und schließt 1937 seine Ausbildung zum Kinovorführer ab. Mit Bankkrediten dreht er im selben Jahr seinen ersten Film "Ich vertraue Dir meine Frau an", der später mit Heinz Rühmann in Deutschland neu verfilmt wird. Doch schon bald stoppen die Nazis Trebitschs vielversprechende Karriere: Seine erste Produktionsfirma, die  "Objektiv-Film", wird 1938 "arisiert". Als Jude verliert Trebitsch seinen Job bei der UFA.

Nazi-Terror und KZ-Inhaftierung in Wöbbelin

Unbarmherzig verfolgt das Nazi-Regime Trebitsch und seine Familie. Einer seiner beiden Brüder kommt auf dem Weg in ein deutsches Konzentrationslager ums Leben, der zweite Bruder stirbt im KZ Mauthausen. Trebitschs Eltern überleben dank der Hilfe des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg und wandern später nach Israel aus. Gyula Trebitsch wird von den Nazis in den jüdischen Arbeitsdienst eingezogen und muss an der Ostfront Minen räumen. Später kommt er als Zwangsarbeiter in serbische Kupferminen. Das Kriegsende erlebt er im KZ Wöbbelin bei Ludwigslust. Die Befreiung des Lagers bezeichnet Trebitsch später als "schönsten Tag in meinem Leben. Alle Schrecken der vergangenen Zeit waren vorbei."

Einsatz für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

Die Briten bringen den bis auf die Knochen abgemagerten Häftling in ein Krankenhaus nach Itzehoe. Als er wieder bei Kräften ist, engagiert sich Trebitsch als zweiter Vorsitzender in der Ortsgruppe der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Die Vereinigung erreicht 1946, dass in Itzehoe ein Mahnmal für die Opfer der Nationalsozialismus errichtet wird - das erste in Deutschland. Die aus Backstein gefertigte Säule stammt von dem Architekten Fritz Höger, der in den 1920er-Jahren das Hamburger Chilehaus entwarf.

Trebitsch: "Leben muss man nach vorn"

Die Filmproduzenten Gyula Trebitsch (links) und Walter Koppel mit der Schauspielerin Zarah Leander 1949. © Studio Hamburg/NDR
Trebitsch (l.) mit seinem Geschäftspartner Walter Koppel und Zarah Leander bei der Produktion des Films "Gabriela" 1949.

Über seine Erlebnisse in der NS-Zeit äußert sich Trebitsch jahrzehntelang nicht. "Das Leben verstehen kann man nur mit Blick auf die Vergangenheit, aber leben muss man nach vorn" - dieses Zitat des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard macht er sich zum Lebensmotto. Schon 1947 steigt Trebitsch wieder ins Filmgeschäft ein. Zusammen mit Walter Koppel gründet er in Hamburg die Produktionsfirma Real-Film. Im selben Jahr heiratet er die Kostümbildnerin Erna Sander, mit der er drei Kinder - Katharina, Markus und Ulrike - bekommt.

Mit Kino-Hits wie "Der Hauptmann von Köpenick" nach oben

Der deutsch-ungarische Filmproduzent Gyula Trebitsch (links) mit einem Dreh-Team in den 60er-Jahren in Hamburg. © picture alliance / United Archives/Pilz Foto: Siegfried Pilz
Eigenen künstlerischen Ehrgeiz habe er bei seinen Produktionsentscheidungennicht entwickelt, so Trebitsch in den 70ern.

Mit Filmen wie "Des Teufels General" oder "Der Hauptmann von Köpenick" macht sich die Produktionsfirma in wenigen Jahren einen Namen in der jungen Bundesrepublik. Es folgen weitere Kino-Hits wie "Die Zürcher Verlobung" mit Liselotte Pulver oder "Der Schinderhannes" mit Curd Jürgens. Die Erfolge sind stets auch seinen sachlich-rationalen Entscheidungen zu verdanken. Eigenen künstlerischen Ehrgeiz entwickelt er nicht. "Ich habe immer alle Geschäfte nach ökonomischen, kaufmännisch vernünftigen Gesetzen betrieben, nicht nach Showbusiness-Methoden", erklärt Trebitsch dazu 1974.

1959 verkauft Trebitsch 80 Prozent seiner Real-Film-Anteile an die Norddeutsche Werbefernsehen GmbH, die sich 1960 in Studio Hamburg umbenennt. Trebitsch bleibt Geschäftsführer. Schon früh erkennt der umtriebige Produzent auch die Bedeutung des Fernsehens: Mit der Serie "Hafenpolizei" landet er ab 1963 ein früher Fernseh-Hit. Es folgen zahlreiche weitere Film-, Serien- und Show-Produktionen.

"Schöne Zeiten - trotz grausamer Jahre zwischendurch"

Der deutsch-ungarische Filmproduzent Gyula Trebitsch in den 60er-Jahren in Hamburg mit einer Filmrolle in den Händen. © picture alliance / United Archives/Pilz Foto: Siegfried Pilz
Den Erfolg, den er als Filmproduzent hatte, führte Gyula Trebitsch nicht auf Glück, sondern rein auf harte Arbeit zurück.

Neben dem Studio Hamburg führt Trebitsch mehrere weitere Produktionsfirmen, so die 1963 gegründete "Polyphon" in Hamburg und die "Polytel" in Amsterdam. 1971 trennt er sich von seinem 20-prozentigen Anteil an Studio Hamburg, bleibt aber bis 1980 in der Geschäftsführung. Mit der Trebitsch Produktion Holding GmbH & Co. KG  ist er danach als freier Produzent tätig. Trebitsch erhält zahlreiche Ehrungen für sein Lebenswerk, darunter den Deutschen Filmpreis, den Deutschen Fernsehpreis, die Goldene Kamera und den Hamburger Bürgerpreis. Außerdem ist er Ehrenvorsitzender des Norddeutschen Filmhersteller-Verbandes sowie des Verbandes technischer Betriebe für Film und Fernsehen, Berlin. In einem Interview anlässlich seines 70. Geburtstags erklärt er sein Erfolgsrezept: "Ich glaube nicht an das Glück. Ich glaube an harte Arbeit, systematische Planung dessen, was man tut und an Leistungskonzentration. Von nichts kommt nichts."

"Es waren sehr schöne Zeiten - trotz grausamer Jahre zwischendurch" - dieses Resümee zieht Trebitsch am Lebensabend. Im Alter von 91 Jahren stirbt er am 12. Dezember 2005 in Hamburg. Seit 2011 ist in Hamburg-Tonndorf eine Schule nach ihm benannt.

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Dieses Thema im Programm:

Unsere Geschichte | 03.10.2022 | 15:15 Uhr

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